: Die Ergebnisse von Cancún
SIEGE & NIEDERLAGEN Wo hat sich etwas bewegt bei den Verhandlungen auf der Klimakonferenz? Wo wurde etwas für den Klimaschutz getan , wo hakt es, und wo ist rein gar nichts geschehen? Ein Überblick
AUS CANCÚN NICK REIMER
Im Wesentlichen gab es sechs Beschlüsse auf dem Klimagipfel von Cancún. Was tatsächlich erreicht wurde:
Erstens: Erstmals bekennt sich die Weltstaatengemeinschaft dazu, die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzen zu wollen. Allerdings lassen die derzeit angemeldeten Reduktionsverpflichtungen die Globaltemperatur um mindestens 3,5 Grad steigen. Es wurde aber neben dem 2-Grad-Ziel ein Monitoring beschlossen: Zwischen 2013 und 2015 soll überprüft werden, ob weitere Reduktionsanstrengungen unternommen werden müssen. Im Jahr 2014 kommt der nächste Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC). Zudem soll das Monitoring klären, ob der globale Temperaturanstieg nicht vielleicht doch auf 1,5 Grad begrenzt werden kann.
Zweitens: Es wurde beschlossen, dass die Reduktionsanstrengungen der Länder international überprüft werden. China hatte sich lange dagegen gesträubt, weil die Regierung das als eine Einmischung in die innere Angelegenheiten angesehen hat. Der sogenannte MRV-Mechanismus soll für Gerechtigkeit und für Vergleichbarkeit im internationalen Klimaschutz sorgen.
Drittens: Der Beschluss von Cancún sieht gegen die Rodung von Wäldern das Programm REDD vor: „Reducing Emissions from Deforestation and Degradation“. Wer Wälder schützt, soll dafür Geld bekommen. Wo genau dieses Geld herkommen soll, ist noch offen. Es gibt aber Modellprojekte, mit denen bereits Erfahrungen gemacht wurden. Ebenfalls über ein Monitoring soll verhindert werden, dass beispielsweise ein Land wie Brasilien einerseits Geld dafür bekommt, im Norden des Landes Wald zu schützen, im Süden dafür dann aber umso mehr abholzt.
Viertens: Die Weltbank hat den Finanzbedarf der Länder des Südens dafür, sich an die Folgen der Erderwärmung anzupassen, auf 100 Milliarden Dollar jährlich angesetzt. Der Text ist im Bereich der sogenannten Langzeitfinanzierung aber eher schwach: Finanzquellen wie eine Steuer auf Flug- oder Schiffsbenzin sind nicht aufgeführt. Positiv hingegen ist die Einrichtung eines „Green Fonds“ mit dem die Entwicklungsländer in die Lage versetzt werden sollen, sich an den Klimawandel anzupassen. Anders als von den USA gewünscht wird dieser Fonds bei der UN angesiedelt.
Fünftens: CCS, die Abscheidung von CO2, ist in den Clean-Development-Mechanismus aufgenommen worden. Das dürfte die Technologie für Konzerne noch interessanter machen: Investiert ein Konzern etwa in Indien, erhält er dafür Verschmutzungsrechte, mit denen er in Deutschland weiterhin Braunkohle verstromen kann.
Sechstens: Seit 2001 wird um den Sitz des Anpassungsfonds gerungen. Zuletzt fehlte noch ein Postfach, wo Länder ihre Anträge einreichen können, um Geld aus diesem Fonds für Anpassungsmaßnahmen wie Küstenschutz oder Wiederaufforstungsprogramme zu erhalten. Nun ist dieser Fonds beim Klimasekretariat in Bonn angesiedelt.
Was nicht beschlossen wurde:
Erstens: LULUCF – unter diesem Akronym werden durch Landnutzung und Forstwirtschaft verursachte Klimaschäden zusammengefasst. Zwei Drittel des weltweit vorhandenen Kohlenstoffs sind im Humus gespeichert. Das bedeutet, dass durch Flächenversiegelung, intensive Landwirtschaft, Trockenlegung der Moore oder Forstbewirtschaftung enorm viel Kohlendioxid frei wird. Die Entscheidung, wie diese Emissionen künftig in die Klimabilanz eingehen sollen, haben die Delegierten vertagt.
Zweitens: Regelungen zur sogenannten heißen Luft: Die Staaten des ehemaligen Ostblocks haben mit dem Zusammenbruch ihrer Wirtschaften auch einen rasanten Einbruch der Emissionen erlebt. Würde sich die Ukraine zu einer Reduktion von 40 Prozent in der zweiten Periode verpflichten, würde dies bedeuten, dass dass Land praktisch 13 Prozent mehr Kohlendioxid ausstoßen kann als derzeit. Die Klimakonferenz von Cancún wollte dies begrenzen – fand dazu aber keine Lösung.
Drittens: Alles, was in Cancún beschlossen wurde, ist nicht völkerrechtlich verbindlich, „legaly binding“, wie es im UN-Sprech heißt: Dazu bedarf es eines Beschlusses.