Einmal New York und zurück

Was bisher nur im Stern erschien oder in der Lokalausgabe der taz in Bremen, gibt es jetzt auch im aufwändigen Sammelband zu sehen: Die Karikaturen von Tilman „Til“ Mette, versammelt in der Werkschau „Meine Welt“

Möglicherweise haben Sie überlegt, diese Woche mal wieder den Stern zu kaufen. Nicht unbedingt wegen der aktuellen Titelgeschichte über die amerikanische Krimiserie „CSI“, ihre Macher, ihre Stars, ihr Erfolgsrezept. Sondern wegen der Karikaturen von Til Mette, die seit gut zehn Jahren im Stern erscheinen. Sollten Sie also zu dieser Spezies KäuferIn gehören: Es gibt jetzt eine Alternative. Vor allem für jene, die nicht die offline-Ausgabe der taz Bremen bekommen. Und also ohnehin quasi jede Woche einen „Til“ genießen können.

Die puristische Alternative ist: „Meine Welt“. Eine opulente Werkschau, eine Retrospektive sozusagen. 450 Karikaturen nebst ein paar New York-Bildern, versammelt auf 320 Seiten finden sich darin. Und weil es so ganz und gar ohne Text dann doch nicht geht, hat der Lappan Verlag an die Stelle eines Vorworts auch noch ein Interview mit Gotthard-Tilman Mette ins Buch gehoben.

Dem ist zum Beispiel zu entnehmen, dass alles in Bremen begann, wo Mette nicht nur ein Lehramtsstudium in Kunst und Geschichte absolvierte, sondern 1985 auch die Lokalausgabe der tageszeitung mitbegründete. „Meine Zeichnungen waren damals politischer“, sagt der Zeichner. „Wachrütteln“ habe er die Leute wollen, „sogar erziehen“. Heute findet er das nur „schrecklich“, im besten Falle „naiv“.

Noch immer spiegeln Mettes Themen meist die aktuellen Ereignisse wider – dennoch will er seine Karikaturen nicht als „tagespolitisch“ verstanden wissen. „Nein“, zumindest seine Pointe soll „das Tagesgeschehen überleben“. Doch Hoffnung auf Macht die Satire – die hat der 50-Jährige aufgegeben, vielleicht zeichnet er deswegen mittlerweile auch für die Bremer SPD. Mette will nur „unterhalten“, ganz einfach. Alles andere, findet er, „ist nicht meine Aufgabe“.

Sarkastisch sind seine Zeichnungen trotzdem, oder gerade deswegen. Ausgesprochen schnörkellos und meist etwas zynisch ist sein Stil. Mancher verbucht das unter „Geschmacklosigkeit“, findet es schlicht „zu brutal“, allenfalls „gerade noch erträglich“. Aber auch Wilhelm Buschs Zeichnungen waren ja manchmal etwas gewalttätig, und der zählt ebenso zu Mettes Vorbildern wie Loriot. Orientiert hat er sich aber doch eher an der amerikanischen Cartoonszene als an Loriot, aber schließlich weilte Til Mette bis vor kurzem ja auch noch in New York, von wo aus er seit 1992 zeichnete. Mangelnde Distanz zur „alten Welt“ kann man ihm also wohl nicht vorhalten.

JAN ZIER

Til Mette: Meine Welt, Lappan Verlag Oldenburg 2006, 320 Seiten, 29,95 Euro