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Archiv-Artikel

Strafanzeige gegen Senator

Frankfurter Staatsanwälte nehmen Vorermittlungen gegen Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner und Klinikkonzern Asklepios auf. Der Vorwurf: Beim Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser wurde zu Ungunsten der Stadt manipuliert

VON ELKE SPANNER und MARCO CARINI

Fast zwei Jahre nach der Übernahme des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) durch den privaten Klinikbetreiber Asklepios GmbH ist der umstrittene Privatisierungs-Deal jetzt Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat Vorermittlungen wegen des Verdachts des Betruges gegen den Asklepios-Chef Bernard Broermann und Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) aufgenommen.

Auslöser der Ermittlungen ist eine anonyme Anzeige, die in Frankfurt einging und Insider-Kenntnisse ihres Verfassers verrät. Darin werden Broermann und Peiner beschuldigt, sie hätten bei Vertragsabschluss gewusst, dass Asklepios überhaupt nicht in der Lage sei, den vereinbarten LBK-Kaufpreis in Höhe von 350 Millionen Euro zuzüglich zugesagter Investitionen in Höhe von 150 Millionen Euro zu finanzieren. Um den Kauf dennoch abzuwickeln, sollen nach Recherchen des Hamburger Abendblatts Zahlungen zum Nachteil der Stadt vorgetäuscht worden sein.

Zudem soll der Asklepios-Konzern, ein Konstrukt von mehr als einem Dutzend miteinander verflochtenen Firmen, kurz vor der Unterzeichnung des LBK-Kaufvertrages Vermögen auf eine neu gegründete Verwaltungsgesellschaft überschrieben haben. Ob die Hansestadt Hamburg, bei der Asklepios in der Kreide steht, auf dieses Vermögen ein Zugriffsrecht hat, bezweifelt der anonyme Anzeigensteller. Durch den Vermögenstransfer sei die gesamtschuldnerische Bürgschaft, die die Asklepios GmbH in die Kaufverhandlungen mit eingebracht habe, quasi wertlos geworden.

Die Frankfurter Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu erklärte gestern gegenüber der taz, ihre Behörde werde innerhalb der kommenden drei Wochen darüber entscheiden, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten einleite. Die Anzeige sei „sehr umfangreich“, verweise aber auf weitere Anlagen, die der Staatsanwaltschaft bislang nicht vorlägen. Erst wenn Akten für ein Ermittlungsverfahren angelegt würden, würden die Beschuldigten offiziell über die Vorwürfe informiert. Es sei aus Sicht der Staatsanwaltschaft sehr „unglücklich“, dass die Anzeige überhaupt bekannt geworden ist. Ermittlungsmaßnahmen wie etwa überraschende Hausbesuche bei Beschuldigten seien nun nicht mehr möglich.

Diese weisen unterdessen die erhobenen Vorwürfe weit von sich. Finanzsenator Peiner bezeichnete die anonyme Anzeige als „gesteuerte politische Schmutzkampagne“, mit der „Vorverurteilungen in der Öffentlichkeit provoziert werden“ sollten. Eine inhaltliche Stellungnahme der Finanzbehörde zu den Vorwürfen sei „unmöglich“, da er noch keine Akteneinsicht erhalten habe. Asklepios-Geschäftsführer Elmar Willebrand bezeichnete die Vorwürfe als „völligen Blödsinn“, bestätigte aber indirekt den behaupteten Vermögenstransfer. Trotz dieser „Umstrukturierung“ sei aber ein Durchgriff der Stadt auf das Asklepios-Vermögen gewährleistet.

Das will der Hamburger SPD-Abgeordnete Thomas Böwer nun genauer wissen: In einer Anfrage an den Senat will er klären lassen, ob die Kliniken GmbH genug Vermögen besitzt, um Kredite bedienen zu können. Anderenfalls, so befürchtet Böwer, könnte das Haftungs-Risiko für die Bedienung der Darlehen auf die Stadt Hamburg zurückfallen.

Zudem bezweifelt Böwer, dass Asklepios seinen Sitz nach Hamburg verlagert hat, was eine vertraglich fixierte Bedingung für die LBK-Privatisierung war. Das sei geschehen, betonte gestern Asklepios-Sprecher Rudi Schmidt. Rund 200 Mitarbeiter seien in Hamburg. Im früheren Stammsitz Königstein, der in der Internet-Präsentation des Konzerns immer noch als Firmenadresse fungiert, gebe es lediglich noch 40 Beschäftigte. Von den insgesamt vier Asklepios-Hauptgeschäftsführern haben dort zwei ihren Sitz, einer sitzt in Berlin, ein weiterer in Hamburg.

2004 hatte Hamburg den LBK privatisiert, obwohl eine Mehrheit der Hamburger Wahlberechtigten sich in einem Volksentscheid dagegen ausgesprochen hatten. Die Opposition aus GAL und SPD hat schon bei Abschluss des Kaufvertrages 2004 kritisiert, dass die Stadt bei dem Geschäft draufzahle. Nach Lektüre der Verkaufsunterlagen hatten sie den Vorwurf erhoben, Peiner habe bei dem Deal kräftig manipuliert. Er habe sich, entgegen seiner eigenen Darstellung, aktiv in die Verhandlungen eingemischt und strittige Details mit Asklepios-Chef Bernard Broermann persönlich verhandelt – einem alten Geschäftspartner aus Peiners Zeit bei der Gothaer-Versicherung. So sei das Angebot der Asklepios-Klinikgruppe mehrfach geschönt worden.

Sollten sich die Vorwürfe der Anzeige bestätigen, könnte das für Peiner strafrechtliche, aber kaum noch politische Konsequenzen haben: Der 63-Jährige hat vor wenigen Tagen angekündigt, zum Jahresende als Senator auszuscheiden.