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Archiv-Artikel

Designer im Rohbau

Das Bremer Design-Zentrum veranstaltete in dem Bremer „Retail-Monument“ Space Park einen Kongress über die Trends der Zukunft. Noch ist offen, was aus dem Betonpalast werden soll

AUS BREMEN KLAUS WOLSCHNER

Die Bremer Design-GmbH hat dieser Tage die „Kreativen“ eingeladen zu einem kleinen, feinen Kongress über „Trends Internationaler Retail- und Konsum-Entwicklungen“ – ausgerechnet in den Space Park. Ein „Retail-Monument“ sei das, „ein großes Fragezeichen“, sagt Heinz-Jürgen Gerdes, Leiter der Bremer Design-Zentrums – „wir sehen das positiv“. Die Immobilie sei bewusst gewählt worden als „Kulisse“ des Kongresses, eben eine Herausforderung für kreative Design-Experten.

Auf der Tagesordnung stand nicht die Frage, was man aus dem leer stehenden Beton-Koloss machen könnte, aus dem einmal das Space- und Shopping-Entertainment-Center werden sollte, Bremens Tourismus-Magnet Nummer Eins. Die Designer erfreuten sich an Vorträgen auf gesichertem Terrain über erfolgreiche Marken. Bei „Entscheidern“, berichtete da Cornelia Loh von der Verlagsgruppe Handelsblatt, stünde die Automarke Porsche ganz oben auf der „Faszinationsskala“, aber auch der Erfolg von Aldi und Bill Gates ist sexy. Howard Saunders aus London faszinierte die rund 150 Design-Experten mit einem Trip rund um die Welt: Zwischen Sydney und New York hat er edle Geschäfte aufgetan, die eben nicht alles übereinander stapeln wie bei Aldi oder Saturn-Hansa. „Sie stehen davor und denken: Wenn ich da etwas kaufe, ist es sicher das Falsche und eigentlich habe ich ja auch schon eine Digitalkamera und einen Laptop.“

Trendy sind dagegen die Understatement-Designs, die den Kunden die Entscheidung abnehmen und – wie Apple-Shops – nur drei oder vier verschiedene Modelle anbieten. Da weiß man schon am Eingang, dass man nur Qualität bekommt, das schafft Vertrauen. Große Marken richten weltweit kleinste Läden ein, Kundenbindung ist Kommunikation – so der internationale Trend.

Kleine exklusive Läden könnte man natürlich auch in die Sichtbeton-Höhlen des Space-Centers einbauen, sagte Saunders nach dem Rundgang durch das leer stehende Shopping-Center. Oder kommt doch ein Supermarkt? Die Dimension des Space Parks macht ihn ratlos.

Die Marketing-Leute, Chefplaner und Architekten von LNC, Eigentümer der 500 Millionen-Immobilie, sind in dieser Woche auch in Bremen gewesen. Das Fussballspiel Werder gegen Chelsea war nur der nette Anlass, es geht darum, was LNC mit der vor einem guten halben Jahr für gut 50 Millionen Euro gekauften Immobilie anfangen kann. „Re-Branding“ zum Beispiel, sagt Jan Miller, seit einigen Wochen in Bremen zuständig für die Immobilie. „European Property Executive“ steht auf seiner Visitenkarte. „Re-Branding“ heißt, die eine neue Marke erfinden, die das Versager-Image „Space-Park“ verdrängen könnte. „Wie in einem Regal“ stünden die alten Ideen da, die bisher immer wieder aufgekommen sind und verworfen wurden, nichts sei entschieden. Nur dass aus dem Bremer Space-Park ein „Las Vegas“, eine gigantische Spielhalle werden soll, dass sei wohl nicht mehr ernsthaft in der Diskussion. Israelische Investoren hatten mit dieser Idee vor einem Jahr für Schlagzeilen gesorgt.

Offen ist auch, was aus den eigentlichen, Star Trek-ähnlichen, „Space-Center“-Attraktionen werden soll – werden sie verkauft, vermietet? „Sie können gern Fragen stellen, aber ich kann keine beantworten“, sagte Objektleiter Jürgen Edelhagen am Donnerstag den Teilnehmern des Design-Kongresses, die er durch die leer stehende Kulisse ihres Kongresses führte. Zwei Dutzend gleiche Sichtbeton-Kammern sind da aneinander gereiht, 300 bis 800 Quadratmeter groß, fensterlos, verbunden über einen V-förmigen Gang. Schlicht und trostlos. Der Charme einer riesigen Feuerwehr-Garage. Wohl deswegen ist Fotografieren streng verboten.

Edelhagen steht an der Spitze der V-förmigen Halle: „Ich bin jedes Mal wieder beeindruckt“, bekennt er. Die Design-Experten staunten auch. Falls die LNC im kommenden Jahr eine Idee hat, was sie aus dem Koloss machen will, dann bekommt der eine oder andere von den Designern möglicherweise einen Auftrag.