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Archiv-Artikel

Eine geht noch

Auch in Schleswig-Holstein buhlt eine neue Sonntagszeitung um die Gunst der Leser – die etablierten Blätter scheint dies allerdings trotzdem zu freuen

Editorials zur Premiere eines neuen Druckerzeugnisses sind generell lustig. Und insofern sind auch die Worte, mit denen sich am 19. November erstmals die Zeitung Schleswig-Holstein am Sonntag präsentierte, absolut konkurrenzfähig: „Ist Schleswig-Holstein das ,schönste Bundesland der Welt‘? Viele sagen: ,Ja.‘ Ist der Sonntag der schönste Tag der Woche? Die meisten werden zustimmen. Was liegt da näher, als beides miteinander zu verbinden?“

Das neue Objekt kommt vom Tageszeitungsmarktführer im Norden, dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (SHZ), der dort 14 Blätter (Flensburger Tageblatt, Holsteinischer Courier) herausbringt. Ursprünglich hatte es schon nach der Fußball-WM losgehen sollen, aber unter anderem, weil die SHZ-Druckerei den Auftrag für die Anfang November gestartete Hamburger Morgenpost am Sonntag bekam, verschob man den Launch.

Die Hälfte von Schleswig-Holstein am Sonntag füllt ein Magazin, das mit „Sonntagsgedanken“ von Hermann van Veen aufmacht. Der holländische Sangesmann ist damit quasi die schleswig-holsteinische Antwort auf Peter Hahne, der sich anderswo „Gedanken am Sonntag“ macht.

Der Neuling sorgt gleich an mehreren Fronten für Wirbel: Im Hamburger Randgebiet konkurriert das SHZ-Blatt mit den Sonntagsausgaben von Springers Abendblatt und Montgomerys Morgenpost, buhlt überdies um Leser, die wochentags zu einer Springer-Lokalzeitung greifen (Elmshorner Nachrichten, Bergedorfer Zeitung). In den Großstädten zielt Schleswig-Holstein am Sonntag auf die Kundschaft von Kieler Nachrichten (KN) und Lübecker Nachrichten (LN) – zwei Blätter, an denen Springer beteiligt ist.

Die LN – Springer hält 49 Prozent, indirekte Anteile nicht mitgerechnet – sind direkt betroffen, weil sie traditionell sonntags erscheinen. Die Lübecker touchiert darüber hinaus der Hamburger Sonntagszeitungskrieg zwischen Abendblatt und Morgenpost, in den Springer, in der Hoffnung auf die baldige Kapitulation des Konkurrenten, Unsummen investiert. Das Abendblatt hat auch massiv in Lübeck geworben – obwohl die Halbschwester LN eine wichtige Rolle in Springers Anzeigenverbund „Media Kombi Nord“ spielt und, beispielsweise als 50-prozentiger Teilhaber der Ostsee-Zeitung, auch in den Verschachtelungsmodellen, mit denen Springer seine Beteiligungen auf dem norddeutschem Medienmarkt organisiert, engagiert ist.

Ulrich Exner, der Chefredakteur der LN, zeigt sich über die neuen Wettbewerber allerdings erfreut: „Erfahrungsgemäß verlieren wir in jenen an Auflage, wo wir das Monopol haben – und gewinnen dort, wo es Konkurrenz gibt.“ RENÉ MARTENS