: A wie Antiterroreinsatz
RHETORIK Jeder Krieg ist auch ein Konflikt um die Worte, mit denen er umschrieben wird. Ein Glossar
VON ANNE FROMM
Antiterroreinsatz, der; nach dem 11. September 2001 von US-Präsident Bush vermehrt verwendete Umschreibung eines konkreten kriegerischen Eingreifens innerhalb des Geisteszustandes „Krieg gegen den Terror“. Betont Legitimität („anti Terror“) und Kurzzeitigkeit („Einsatz“) des Konflikts. Seither Konjuktur: Aktuell patrouillieren 2.000 Antiterroreinsatzkräfte auf den Straßen Pekings.
bürgerkriegsähnliche Zustände, die; vor allem in Medienberichten verwendete Wortschöpfung zur Beschreibung unübersichtlichen öffentlichen Gewalthandelns. Momentan vielfach in Bezug auf die Situation in der Ukraine verwandt, traditionell allerdings auch für Ereignisse in Berlin-Kreuzberg am Ersten Mai.
Friedenseinsatz, der; begrifflicher Indikator dafür, dass in dem Gebiet, in das Soldaten in dieser Mission entsendet werden, kein Frieden herrscht. Offizieller Auftrag reicht von Beobachtung bis zur Entwaffnung von Konfliktparteien. In Zentralafrika sollen insgesamt 800 Soldaten aus EU-Ländern Verletzte transportieren und den Flughafen sichern. Forscher bilanzieren: Friedenssicherung senkt die Wahrscheinlichkeit neuer Kriege signifikant. Problem: Begriff wird weit gedehnt.
humanitäre Intervention, die; von: humanus – menschenfreundlich und intervenire – dazwischenkommen. Argumentationsmuster betonen den „Schutz der Menschenrechte“ oder die „internationale Schutzverantwortung“. Kollidiert mit dem Prinzip souveräner Staaten, somit völkerrechtlich umstritten. In Libyen 2011 in Form von Lufteinsätzen der Nato gegen das Gaddafi-Regime umgesetzt, bei denen auch etwa 50 bis 100 Zivilisten starben. Für Syrien resigniert verworfen.
Kriegsrecht, das; Möglichkeit, seiner eigenen Gesellschaft den Krieg zu erklären. Das an diesem Dienstag über Thailand verhängte Kriegsrecht erlaubt es der Armee, Menschen ohne Haftbefehl festzunehmen und die Presse zu zensieren – kurz: Es soll „Frieden und Ordnung für alle Seiten“ herstellen, so ein General.
totaler Krieg, der; Betonung der Absicht, in der Kriegführung alle Mittel auszunutzen. Begriff taucht erstmals im 17. Jahrhundert auf, also deutlich vor Joseph Goebbels’ Frage in Berlin 1943: „Wollt ihr den totalen Krieg?“ Auch nach 1945 weiter verwandt – etwa vorige Woche von Idriss Déby, dem Präsidenten von Tschad: „Wir sind entschlossen, gegen Boko Haram Krieg zu führen, totalen Krieg.“
Verantwortung, die; Lieblingsbegriff innerhalb eines interventionsfreundlichen Ausweichdiskurses, in dem die Begriffe „Krieg“ und „Militäreinsatz“ vermieden werden. Neue Konjunktur in Deutschland durch Joachim Gaucks Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014: „Wir Deutschen sind auf dem Weg zu einer Form von Verantwortung, die wir noch wenig eingeübt haben.“ Aus derselben sprachpolitischen Familie: „tätige Außenpolitik“.
Verteidigung, die; Namensbestandteil des für Militäreinsätze zuständigen Ministeriums. Unterstreicht die Annahme, dass staatliches kriegerisches Handeln immer auf äußere Agression reagiert. ➤ Verantwortung
Völkermord, der; laut UN-Völkerrechtskonvention eine gewalttätige Handlung, die darauf abzielt, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören. Entscheidend ist dabei die Absicht, nicht unbedingt die vollständige Ausführung. Begriff garantiert höchstmögliche Aufmerksamkeit: „Das ist ein Kampf gegen die Einwohner unserer Region … Das ist ein Völkermord am Donbass“, sagte der ukrainische Oligarch Rinat Achmetow in dieser Woche über die Gewalt der russischen Separatisten in der Ostukraine.
Wissenschaftliche Beratung: Thorsten Gromes, Leibniz-Institut, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung