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Archiv-Artikel

Den Amerikanern eine Chance

DILEMMA Einerseits hat Eutin genug von seinen finanziell desaströsen Festspielen, andererseits soll auf der Freiluftbühne schon etwas passieren. Nun wollen die Kaufleute amerikanische Musikstudenten holen

„Wir wollen kein finanzielles Risiko mehr eingehen“

Klaus-Dieter Schulz, Bürgermeister

Wenn sich die Wirtschaft in Eutin mit ihrer Vorstellung für die Zukunft der Eutiner Festspiele durchsetzt, dann knallen in der US-amerikanischen Universitätsstadt Lawrence die Korken. Die Musikstudenten der dortigen Universität würden eine einzigartige Chance bekommen. Mit einem Schlag würden sie vom Studentenorchester einer 90.000-Einwohner Stadt des Mittleren Westens zu den Erben der Hamburger Symphoniker werden. Schneller nach oben geht’s nirgends.

Möglich wäre das, weil Eutin zwar eine Festspieltradition und eine Freiluftbühne hat, aber kein Geld und keine Nerven. Nach jahrelangen Personal- und Finanzquerelen musste die Festspiel GmbH diesen Oktober Insolvenz anmelden und hinterließ der Stadt ein saftiges Defizit. Seitdem wird in Eutin die Frage diskutiert, ob es 2011 wieder Festspiele geben soll. Der Geschäftsführer der GmbH, Josef Hussek, legte neue Konzepte vor, die der Hauptausschuss der Stadt aber nicht umsetzen wollte: Anfang Dezember beschlossen die Eutiner Stadtvertreter, für das Jahr 2011 kein Geld für Festspiele auszugeben. Was die Stadt in Aussicht stellte, war lediglich eine kleine Finanzspritze für noch nicht näher definierte neue kulturelle Angebote im Sommer.

Diese Variante allerdings ist der Wirtschaftsvereinigung Eutin (WVE) zu wenig, schließlich sind die Festspiele mit ihren jährlich rund 40.000 Besuchern ein Wirtschaftsfaktor. Also überlegten sich die Eutiner Kaufleute, Gastronomen und Handwerker, wie preisgünstige Festspiele aussehen könnten. Ihre Idee: Statt der Hamburger Symphoniker, die in den letzten Jahren die Opernaufführungen begleitet haben, sollen Musikstudenten der Eutiner Partnerstadt Lawrence die Aufführungen gestalten. Auch die Sänger sollen von dort kommen, ihr professionelles Debut aber schon hinter sich haben. Gespielt werden soll auf der Freiluftbühne nicht mehr der für Eutin obligatorische „Freischütz“, sondern die Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck und Mozarts „Don Giovanni“. Das genaue Konzept ist gerade in Arbeit, klar aber ist: Ohne öffentliches Geld wird auch diese Variante nichts.

Die Stadtvertretung will im Januar entscheiden, ob sie Geld geben will. „Wir wollen kein finanzielles Risiko mehr eingehen“, sagt Eutins Bürgermeister Klaus-Dieter Schulz. „Es sind aber insgesamt 125.000 Euro im Haushalt für kulturelle Aktivitäten im Sommer reserviert. Wenn sich das Konzept der WVE als tragfähig erweist, könnte diese Summe eventuell für die neuen Festspiele verwendet werden.“

Der Neustart wäre aber auch mit Subventionen eine heikle Angelegenheit. Abgesehen von der Frage nach der künstlerischen Attraktivität der Studenten gäbe es das Problem eines verspäteten Vorverkaufs ohne Weihnachtsgeschäft. „Wir halten es für problematisch, für so eine große Geschichte erst im März mit dem Vorverkauf zu starten“, sagt der Leiter der Tourist-Info Eutin, Per Köster. KLAUS IRLER