: Weniger Geld in der Haushaltskasse
In den vergangen fünfzehn Jahren ist das Durchschnittseinkommen der Deutschen leicht gesunken. Denn Miete und Nebenkosten sind besonders stark gestiegen. Darunter leiden vor allem die unteren Einkommensklassen, sagen Experten
VON MAIKE BRZOSKA
Die Nettoeinkommen deutscher Haushalte sind seit der Wiedervereinigung leicht gesunken. Durchschnittlich 33.700 Euro bezog jeder Haushalt im Jahr 2005, wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte. Das waren zwar 30 Prozent mehr als 1991. Wird jedoch die Preissteigerung mit einbezogen, verfügte jeder Haushalt 2005 über zwei Prozent weniger Einkommen als vor 15 Jahren.
Diese Rechnung berücksichtigt allerdings nicht, dass die Haushalte kleiner wurden. 2005 wohnten im Schnitt 2,1 Personen in einem Haushalt, 1991 waren es noch 2,26, sagte Manfred Klose vom Statistischen Bundesamt der taz. Wird dies mit einem statistischen Schlüssel berücksichtigt, sind die durchschnittlichen Einkommen der deutschen Haushalte seit der Wiedervereinigung ungefähr auf demselben Niveau geblieben, erklärte Klose die Daten.
Die Preissteigerung im untersuchten Zeitraum betrug rund 32 Prozent. Die Haushalte mussten 2005 für ihren Lebensunterhalt also etwa ein Drittel mehr bezahlen als vor fünfzehn Jahren. So gesehen sind Einkommen, die um weniger als 32 Prozent gestiegen sind, also real gesunken. Dazu gehören die durchschnittlichen Verdienste von Beamten, Arbeitern und Arbeitslosen.
Allerdings weist Klose darauf hin, dass Preise in einzelnen Lebensbereichen stärker gestiegen sind als in anderen. So wuchsen Miet- und Mietnebenkosten um mehr als ein Drittel. Da diese Kosten bei Geringverdienenden einen großen Anteil ausmachen, „sind die realen Einkünfte der unteren Einkommensklassen vermutlich stärker gesunken als ausgewiesen“, erklärt der Statistiker.
Ähnlich schätzt der Wuppertaler Ökonomie-Professor Ronald Schettkat in einem aktuellen Bericht die Situation ein: „Die Lohnspreizung in Deutschland hat seit Mitte der 90er-Jahre rasant zugenommen.“ Inzwischen sei der Abstand zwischen hohen und niedrigen Löhnen so groß wie in Großbritannien, das als Spitzenreiter bei der Lohnspreizung gilt.
Werden die Einkommen nach einzelnen Berufsgruppen aufgegliedert, hatten Haushalte von Selbstständigen 2005 mit 106.900 Euro den höchsten Durchschnittsverdienst und mit 38 Prozent auch die größte Einkommenssteigerung seit 1991. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern müssen diese allerdings ihre Altersvorsorge in der Regel aus ihrem Einkommen bestreiten. Vergleicht man die jährlichen Nettoeinkommen von Arbeitnehmerhaushalten, haben die Beamten hier mit 42.800 Euro den höchsten Jahresverdienst. Ihr Einkommen ist um 27 Prozent gestiegen. Im Schnitt 38.200 Euro beziehen Angestelltenhaushalte, die um 32 Prozent seit 1991 zugelegt haben.
In der Gruppe der Arbeitnehmer verdienen Arbeiter mit 30.200 Euro am wenigsten. Ihr Verdienst ist seit 1991 lediglich um 25 Prozent gestiegen. Das jährliche Nettoeinkommen von Arbeitlosenhaushalten ist mit 21.200 Euro um 28 Prozent in den 14 Jahren seit 1991 angehoben worden.