: Szeneblatt und die Medien
VON KONRAD LITSCHKO
Die links-untergründlerische Zeitschrift interim ist bekannt für Krawalliges: Brandsatz-Bauanleitungen, Randale-Aufrufe, Gebrauchsanweisungen zur „Feinderkennung“. Und in der aktuellen Ausgabe des Hefts jetzt die Ausrufung einer Antitourismuskampagne. Normalweise hätte dieses Militanzgebahren kaum irgendjemand interessiert.
Momentan aber genießt die interim besondere Aufmerksamkeit. Mehrere Ausgaben wurden in den vergangenen Monaten wegen eben jener Bauanleitungen und Aufrufen zu Straftaten verboten, linke Buchläden durchsucht und deren Betreiber sogar als Mitunruhestifter angeklagt. Die Polizei ermittelte. Und auch bürgerliche Medien wie der Tagesspiegel und der Boulevard, die die Touristenjagdgeschichte in der nachrichtenarmen Vorweihnachtszeit groß aufzogen, blätterten prompt mal wieder im Anarcho-Blatt.
Vorschlag kontraproduktiv
Die linke Szene zeigt dagegen bisher wenig Interesse an dem Aufruf. Auch weil die letzte Militanzserie, das nächtliche Abfackeln von teuren Autos, intern für scharfen Widerspruch und in der breiten Öffentlichkeit nur für Unverständnis sorgte. Dass die interim jetzt zur Touristen-Hatz bläst, zeigt, wie weit sich das vermeintliche Szeneblatt inzwischen von der autonomen Bewegung entfernt hat. Für deren Aktionen und Debatten ist das Heft heute obsolet.
Zudem ist die Idee nicht nur Nonsens, sie könnte auch leicht ins Gegenteil umschlagen. In Zeiten, in denen „revolutionäre Stadtführungen“ durch Kreuzberg führen und die Junge Union zum Autonomen-Gucken in die Hauptstadt fährt, könnte auch der Touriwiderstand als Teil des Nervenkitzelurlaubs verkauft werden.
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