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Archiv-Artikel

„Der Einsatz muss verschärft werden“

INTERVIEW Oberstleutnant Dmitri Tymtschuk von der ukrainischen Armee über den Kampf gegen die Separatisten im ostukrainischen Donbass und die Strategie des neu gewählten Präsidenten Poroschenko

Dmitri Tymtschuk

■ Jahrgang 1972, ist Oberstleutnant in der Ukraine. Seit 2008 leitet er das Internet-Projekt „Flotte 2017“ und das „Zentrum für militärische und politische Forschungen“.

taz: Herr Oberstleutnant, die Ukraine hat einen neuen Präsidenten gewählt. Aber der Anti-Terror-Einsatz im Osten wird fortgesetzt. Wie verhält sich Präsident Petro Poroschenko?

Oberstleutnant Tymtschuk: Poroschenko hat seine Befürwortung der Militäroperation klar geäußert. Er will den Einsatz mit allen Mitteln fortsetzen und in einem neuen, effektiverem Format durchführen. Den Terroristen im Osten will er ein Ultimatum stellen; aber mit den Zivilisten, die bloß die ukrainische Regierung hassen, wird er versuchen, einen Dialog zu führen. Wir hatten diesen Lösungsansatz schon vor Wochen vorgestellt. Was konkret geschehen soll, ist noch unklar. In Poroschenkos Team gibt es keine Vertreter der alten Machtstrukturen. Setzt Poroschenko auch in der Führungsriege der Anti-Terror-Operation die richtigen Personen an die richtigen Stellen, kann dieser Einsatz viel effektiver werden.

Wie lange können sich die Gefechte im Donbass noch hinziehen? Können sie sich bis ins Landesinnere verlagern?

Wird der Einsatz jetzt nicht verschärft, können die Terroristen durch die Unterstützung Russlands, das sie mit Geld, Waffen und Söldnern unterstützt, noch einige Monate so weitermachen. Das muss natürlich verhindert werden. Wir halten die Unterstützung durch Russland für den Hauptgrund der Destabilisierung. Wir sind davon überzeugt, dass sich die Situation im Donbass beruhigen wird, sollte Russland aufhören, die Terroristen zu unterstützen. Gelingt Russland aber die Destabilisierung des Donbass, dann kann sich die Krise auch auf andere Regionen ausweiten. Noch aber haben dort die Lokalregierungen die Situation unter Kontrolle.

In welchem Zustand befindet sich die ukrainische Armee?

Auskunft über die militärische Planung der Ukraine zu geben, wäre in der jetzigen Situation ein Verbrechen. Was ich aber sagen kann ist, dass an den Grenzen mit Weißrussland, dem Schwarzen Meer sowie an der Grenze zu Russland Truppen stehen. Jeder Versuch eines militärischen Eingriffs würde bewaffneten Widerstand hervorrufen und zu einem Krieg zwischen der Ukraine und Russland führen. Ich bin davon überzeugt, dass nur diese Einsicht Russlands Präsident Putin von seinen wahnsinnigen Ambitionen abhalten kann. INTERVIEW: ANDREJ NESTERKO, KIEW