: Die Grünen sagen Jein zu Juncker
EUROPA Daniel Cohn-Bendit empfiehlt Wahl des Konservativen zum Kommissionschef. Grüne verlangen erst Neustart bei TTIP-Verhandlungen
DANIEL COHN-BENDIT
BERLIN taz | Mit einem Vielleicht beantworten die Grünen bisher die Frage nach ihrem Votum für oder gegen den konservativen Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten. „Wir wollen, dass einer der Kandidaten, die zur Wahl standen, am Ende Kommissionspräsident wird“, sagte Parteichefin Simone Peter am Wochenende in Berlin – und ließ damit offen: Werden die Grünen für Juncker stimmen?
Sie sollten, gab ihnen der langjährige Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit zum Abschied aus dem Europaparlament in der Frankfurter Rundschau mit auf den Weg. Er „teile viel Kritik an Juncker“, doch dieses Mal empfehle er den Grünen, „Juncker eine Mehrheit zu sichern“. Seine Begründung: „Dann erleben wir wirklich die Weiterentwicklung der europäischen Demokratie.“
Doch eine solche klare Zusage lehnen die Grünen bisher auch aus taktischen Erwägungen ab – schließlich wollen sie zunächst ein paar Wünsche an ihn loswerden.
Ausgeschlossen haben sie ihr Ja zu Juncker nie – im Gegenteil: Der Spitzenkandidat Sven Giegold stellte schon am Montag nach der Wahl klar, auch Juncker sei für die Grünen wählbar. Allerdings mache seine Fraktion dies von Zusagen in vier Themenbereichen abhängig: mehr Engagement für den Klimaschutz, einer Agrarpolitik ohne neue Genpflanzen, einem Neustart des transatlantischen Handelsabkommens TTIP und einer Stärkung der europäischen Demokratie. Diese Position bekräftigte die Europaabgeordnete Ska Keller beim Länderrat: „Grüne Stimmen gibt’s nur für grüne Inhalte.“
Laut der Grünen-Spitzenkandidatin Rebecca Harms spielt neben der inhaltlichen Wunschliste auch die Idee einer institutionellen Weiterentwicklung der Europäischen Union eine Rolle. „Wir wollen niemanden mehr an der Spitze der Kommission, der sich nur dem Rat verpflichtet fühlt“, sagte sie am Rande des Kleinen Parteitags.
Sie kündigte an, Juncker in den nächsten zwei bis drei Wochen zu einem Gespräch mit ihrer Fraktion einzuladen: „Ob wir für oder gegen ihn stimmen, entscheiden wir nach der Anhörung“, erklärte Harms. Bis zum nächsten Treffen des Rats solle die Entscheidung für oder gegen den Luxemburger dann stehen.ASTRID GEISLER