Ein Land ertrinkt

KLIMAWANDEL Bei steigendem Meeresspiegel kann weniger Regenwasser abfließen, sagen Experten. Die Folge: Teure Schöpfwerke müssen her, damit das platte Schleswig-Holstein nicht absäuft

Die gröbsten Auswirkungen:

■ Küste: Schleswig-Holstein hat 1.193 Kilometer Küstenlinie.

■ Meeresspiegel: Steigt laut Weltklimarat an Nord und Ostsee bis 2100 um mindestens 26, maximal um 82 Zentimeter.

■ Wetter: Es gibt zunehmend regional begrenzte extreme Wetterereignisse. Das bedeutet: Wo es stürmt und hagelt, fallen die Schäden umso größer aus.

■ Deichbau: Neue Deiche werden breiter und höher gebaut.

Höherer Meeresspiegel und Wolkenbrüche – der Klimawandel lässt in Schleswig-Holstein die Kosten für die Beseitigung von Regenwasser steigen. Für die Fluten, die bisher durch Gräben und Kanäle fast kostenfrei in die Nordsee fließen, müssen künftig mehr Pumpen eingesetzt werden, sagt die „Arbeitsgruppe Niederungen 2050“ des schleswig-holsteinischen Marschenverbandes voraus. Ihren Bericht wollten sie gestern Abend dem grünen Umweltminister Robert Habeck überreichen.

Ein Fünftel von Schleswig-Holstein ist „Niederungsgebiet“ von maximal 2,5 Meter Höhe über dem Meeresspiegel. Diese Gebiete müssen zumeist künstlich entwässert werden, sonst droht ihnen bei heftigen Regenfällen die Überflutung.

Bei Hochwasser an der Nordsee sammelt sich das abfließende Regenwasser vor den Deichen in Speicherbecken, um bei Ebbe weiter durch Siele ins Meer zu fließen. Das funktioniert jedoch nur, wenn es ein Gefälle gibt – und eben das werde sich durch den Anstieg des Meeresspiegels „in den kommenden Jahren kontinuierlich verringern“, warnen die Experten. „Das Regenwasser, das bislang durch Kanäle und Gräben schnell in die Nordsee geleitet wird, steht zukünftig länger vor verschlossenen Toren, da der Wasserstand jenseits der Deiche zu hoch ist.“

Deshalb müssten immer mehr Flächen mit Schöpfwerken und Pumpen entwässert werden. Die Kosten dafür von derzeit rund vier Millionen Euro jährlich für Strom und Instandhaltung könnten bis 2070 auf rund 24,6 Millionen Euro ansteigen, warnen die Experten. Sie hoffen jetzt auf Geld und Hilfe von Land und Bund – damit Schleswig-Holstein nicht ertrinkt.  (dpa/taz)