: Deutsche lehnen Muslime ab
MITTE-STUDIE Noch immer große Fremdenfeindlichkeit. Aber geschlossen rechtsextremes Weltbild nimmt dank Wirtschaftsentwicklung ab
LEIPZIG taz | „Die meisten Asylbewerber befürchten nicht wirklich, in ihrem Heimatland verfolgt zu werden.“ Dieser Aussage stimmen mehr als die Hälfte aller Deutschen zu. Neben Flüchtlingen sind es vor allem Sinti und Roma sowie Muslime, die eine vergleichbare Ausgrenzung erleben, so das Ergebnis der diesjährigen „Mitte“-Studie der Universität Leipzig.
Für jeden zweiten Deutschen ist es demnach problematisch, wenn sich Sinti und Roma in seiner Gegend aufhalten. Jeder Dritte will Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland untersagen; jeder Vierte fühlt sich durch ihre Anwesenheit „wie ein Fremder im eigenen Land“.
„Inzwischen wird bei Migranten differenziert, ob und inwiefern sie Deutschland einen Nutzen bringen oder kulturell nahestehen“, sagt Oliver Decker, Leiter der Studie. Eine polnische Ärztin werde deshalb weniger diskriminiert als ein Armutsflüchtling, der als Bedrohung für den Wirtschaftsstandort gilt.
Seit 2002 untersuchen die Forscher aus Leipzig solche politischen Einstellungen in Deutschland. Dafür wurden in diesem Jahr rund 2.500 Personen zufällig ausgewählt. Die „Mitte“-Studien belegen, dass rechtsextreme Meinungen in allen Bevölkerungsgruppen verankert sind. Die gute Nachricht ist: Im Vergleich zu den Vorjahren hat die Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen 2014 insgesamt deutlich abgenommen. Während bei der ersten Erhebung 2002 noch 9,7 Prozent der Befragten ein geschlossen rechtsextremes Weltbild aufwiesen, sank der Prozentsatz in diesem Jahr auf 5,6 Prozent. Das führen die Wissenschaftler auf die gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zurück.
Um eine geschlossen rechte Weltanschauung auszumachen, haben die Forscher sechs verschiedene Ausprägungen von Rechtsextremismus abgefragt: das Befürworten einer rechtsgerichteten Diktatur, der Glaube an die Überlegenheit der deutschen Nation sowie an die Ungleichwertigkeit von Menschen, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und die Verharmlosung des Nationalsozialismus. Am häufigsten bejaht wurden ausländerfeindliche Aussagen. Auch 2014 ist noch jeder fünfte Deutsche ein Fremdenfeind. INSA VAN DEN BERG