: „Das ist der Focus der Voyeure“
DANIEL COHN-BENDIT, 61, ist Vorsitzender der Grünen-Fraktion im EU-Parlament.
taz: Herr Cohn-Bendit, wie bewerten Sie, dass der Focus tagelang im Zusammenspiel mit Bild eine Veröffentlichung von Fotos „geprüft“ hat, die den EU-Kommissar Günter Verheugen und seine Kabinettschefin Petra Erler am FKK-Strand zeigen?
Daniel Cohn-Bendit: Das ist der Focus der Voyeure und die schmuddeligste Ecke des Journalismus, die man sich ausdenken kann, was Focus hier macht. Mit wem auch immer Verheugen Urlaub macht: Es ist sein Privatleben, es hat grundsätzlich niemand zu interessieren, wen er liebt oder wie er liebt.
Der Verdacht der Begünstigung bei der Ernennung Erlers wird immer wieder geäußert.
Entweder hat der Focus Fakten, dass bei der Ernennung von Verheugens Büroleiterin etwas schiefgelaufen ist, dann soll Focus diese Fakten liefern. Aber eine Erpressung mit Nacktbildern, das geht nicht. Das bedient die niedrigsten Instinkte.
Was ist mit dem vielbeschworenen EU-Ehrenkodex?
Ich wüsste nicht, warum FKK der Ehre eines Kommissars widersprechen sollte.
Warum wird über EU-Politik in bestimmten Medien hauptsächlich skandalisierend berichtet?
Es bedient billige Vorurteile, dass EU-Parlamentarier entweder Opas oder Absahner seien und man eigentlich die EU nicht brauche. Das sind populistische und gefährliche Angriffe gegen eine demokratische Institution.
Der Focus sagte Freitagnachmittag, man „prüfe“ immer noch. Was tun – bei Abdruck?
Wenn der Focus diese Bilder veröffentlicht, werde ich jeden Kontakt mit dem Focus abbrechen.
Ein Boykott?
Ja, und ich rufe dann alle Politikerinnen, Politiker und alle vernünftigen Menschen auf, nicht mehr mit dem Focus zu sprechen. INTERVIEW: PU