: Nichtsnutzige Frau
TALK Wird Frauke Ludowig nach 20 Jahren „Exclusiv“ ausgebürgert?
Hans-Ulrich Echternach (53) wohnt in Verden an der Aller. Von Beruf ist er Bäcker. Im „Nebenberuf“ ist er nach eigener Auskunft „ein passionierter Fernsehzuschauer“, der dafür kämpft, dass die TV-Moderatorin Frauke Ludowig ausgebürgert wird.taz: Herr Echternach, was stört Sie an Frauke Ludowig? Echternach: Alles. Die Grimasse, die Gestik, das Outfit, die Sprache, die Gäste, die Themen …Geht es konkreter? Nur mal ein Beispiel. Vor ein paar Tagen habe ich meine Mutter besuchen wollen und im ICE hat dieses Magazin rumgelegen. Hier – ich les es Ihnen vor: „Niemand im TV klatscht leidenschaftlicher als Frauke Ludowig. Zum runden Geburtstag ihrer Sendung verrät sie in mobil 20 Promi-Erlebnisse aus 20 Jahren ‚Exclusiv‘, die ihr am stärksten in Erinnerung geblieben sind.“ Und das sechzehnte der zwanzig „Promi-Erlebnisse“ geht so: „Kurz vor dem Abflug zur Oscar-Verleihung 2011 streikte mein Magen. Ich hatte mir einen Virus eingefangen – zum schlechtesten Zeitpunkt. Zwölf Stunden lang hatte mein Platz die Nummer ‚00‘ – und ich verließ ihn keine Sekunde …“ Entschuldigen Sie, Herr Echternach, aber finden Sie das nicht doch etwas unappetitlich? Na, und ob! Deswegen will ich ja, dass Frauke Ludowig ausgebürgert wird! Die geltenden Gesetze bieten Ihnen jedoch keine Handhabe für die Durchsetzung Ihrer Forderung. Dann müssen diese Gesetze eben geändert werden. Es geht nicht an, dass diese nichtsnutzige Frau hier weiter Maulaffen feilhält … In einer Demokratie muss man damit leben, dass auch professionelle Klatschbasen von ihrer Redefreiheit Gebrauch machen. Und selbst wenn es möglich wäre, Frauke Ludowig auszubürgern – wohin sollte sie denn Ihrer Meinung nach ausgebürgert werden? Das müsste man mit der jeweiligen Einwanderungsbehörde abklären. Ich wäre auch damit einverstanden, dass wir dem Staat, der Frauke Ludowig aufnimmt, Schmerzensgeld offerierten. Also gewissermaßen eine umgekehrte Ablösesumme. Von mir aus gern in sechsstelliger Höhe! Es müsste nur gewährleistet sein, dass Frauke Ludowig niemals wiederkommt und sich auch nicht in Fernsehsendungen breitmacht, die man in Deutschland empfangen kann. Am besten wäre wohl ein Exil in Australien oder Neuseeland. Kennen Sie sich dort aus? Nein, aber eine Tante von mir hat in Neuseeland mal Urlaub gemacht. 1979 oder so. Hat es ihr dort gefallen? Da fragen Sie mich zu viel. Ich kann mich nur dunkel an eine Dia-Show erinnern. Da waren irgendwie so Aufnahmen von Bergen und erloschenen Vulkanen mit dabei, wenn ich das nicht mit was anderem verwechsele. Erloschene Vulkane gibt es ja auch in Deutschland. Ja, zum Beispiel in der Eifel oder auch im Rhönland. In der Rhön besteht ein Großteil des Ackerbodens aus vulkanischer Lavaschlacke. Deshalb gedeiht ja dort der Wein so gut. Hat das was mit der spezifischen Säure der Erdschichten zu tun? Das auch, aber nicht nur. In einem zu stark übersäuerten Boden finden Kletterpflanzen nicht genug Chlorophyll. Für die Photosynthese chitinhaltiger Rankgewächse gibt es kaum einen besser geeigneten Standort als eine biologische Nische zwischen Raps und Klee. Apropos: Haben Sie mal Rapshonig probiert? Jetzt, wo Sie mich fragen, fällt’s mir wieder ein – bei einer House-Warming-Party in Schneverdingen war das. Ist schon zehn oder zwölf Jahre her. Da gab’s witzigerweise übrigens auch Kleehonig. Aber ich bin mehr der Streichkäsetyp. Ich esse allerdings auch gern mal Rohkost zum Frühstück. Leider habe ich eine Pinienkernallergie. Ein Bekannter von Frauke Ludwig soll eine Haselnussallergie haben … Es gibt da ja die verrücktesten Sachen. Ich kenne sogar Leute, die an einer Allergiker-Allergie leiden. Die kriegen einen Hautausschlag, wenn sie einen Allergiker anfassen. Oder eine Allergikerin. Wie können wir gegen solche Zivilisationskrankheiten vorgehen? Keine Ahnung. Ich bin ja kein Mediziner, sondern Bäcker. Bereitet Ihnen das Backen Freude? Es geht so. Aber es gibt auch Entwicklungen, die mich entmutigen. Seit 1990 ist die Nachfrage nach Broten mit Körnern obendrauf um sechshundert Prozent gestiegen, obwohl diese Körner fast alle herunterpurzeln, sobald man das Brot in Scheiben schneidet. Doch die Leute gieren nach diesen körnergespickten Brotlaiben. Da fragt man sich schon manchmal, für wen man den Teig anrührt. Was würden Sie denn sagen, wenn morgen Frauke Ludowig in Ihren Laden käme und ein Kürbiskernbrot haben wollte? Bei uns ist der Kunde natürlich König. Ich würde Frauke Ludowig genauso höflich bedienen wie jeden anderen Kunden. Uns ist aber jetzt zu Ohren gekommen, dass es auch Kunden gibt, die bei Ihnen Hausverbot haben. So? Und wer? Mathias Döpfner und Tony Marshall. Ja, das stimmt. Doch das hat private Gründe, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. Welche militärischen Leistungen bewundern Sie am meisten? Den Dreißigjährigen Krieg. Welche geschichtlichen Gestalten verachten Sie am meisten? Nero, Caligula, Rembrandt und Frauke Ludowig. Was hat denn Rembrandt in dieser Reihe verloren? Das erzähle ich Ihnen ein andermal. Ich muss jetzt wieder backen gehen. Tschüssi! Machen Sie es gut, Herr Echternach. Vergelt’s Gott! Und viel Glück mit Ihrer unsäglichen Schmutzkampagne!
GERHARD HENSCHEL