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Archiv-Artikel

Hertha spielt den Weihnachtsmann

Beim Auswärtsspiel gegen Bayer Leverkusen verteilen die Berliner schon mal Geschenke – und verlieren ein kurioses, schwaches Spiel mit 2:1

Na klar waren schon Weihnachtsbäume aufgestellt worden in Leverkusen: rote Kugeln glänzten, Lametta glitzerte, und natürlich waren auch viele der heimischen Fans mit den üblichen weiß-roten Mützen in die ausverkaufte Bay-Arena gekommen. Und am Ende eines niveauschwachen und kuriosen Spiels freuten sich die meisten der 22.500 Zuschauer über die freundlichen Präsente, die ihnen der Gegner aus der Hauptstadt an diesem Abend an den Rhein mitgebracht hatte.

„Das war wie vorgezogene Weihnachten“, knurrte Manager Dieter Hoeneß nach der 1:2 (1:1)-Niederlage am Freitagabend bei Bayer Leverkusen, „wir haben hier viele Geschenke verteilt.“ Und Trainer Falko Götz war gar einigermaßen sprachlos: „Mir fehlen im Moment einfach die Worte. Unglaublich, dass wir hier ohne Punkte nach Hause fahren.“

Hatte doch zunächst alles danach ausgesehen, als wollten sich die Herthaner mit dieser famosen Leistung in der ersten halben Stunde selbst beschenken. „Da haben wir den Gegner total im Griff gehabt“, sagte Kapitän Arne Friedrich. Und tatsächlich war dem überforderten und verunsicherten Gegner in dieser Phase angesichts der blauen Defensivmauer nichts anderes geblieben, als hilflose lange Bälle nach vorne zu schlagen – eine leichte Beute für Hertha, die zunehmend selbstbewusster agierte.

Schon in Minute 17 lief der hervorragend aufgelegte Stürmer Marko Pantelic allein auf das Leverkusener Tor zu, aber sein Schuss mit dem Außenrist traf nur das Außennetz. Die Aktion des Serben fünf Minuten später erinnerte stark an den größten deutschen Mittelstürmer aller Zeiten: Wie Pantelic eine scharfe Hereingabe von Ede annahm, sich auf engstem Raum gegen den Weltklasseverteidiger Juan behauptete und aus fünf Metern einschoss zur Hertha-Führung, das hätte Gerd Müller nicht besser machen können. Und wenn Pantelic auch die nächste Möglichkeit genutzt hätte, als erneut der starke Ede ihn mustergültig bei einem Konter bediente (29.), dann wäre der Gastgeber endgültig auseinandergebrochen. „Man konnte sehen, dass wir verunsichert sind. Alles andere wäre gelogen“, räumte Bayer-Coach Michael Skibbe hinterher ein.

Aber im Profifußball zählen Konjunktive nun einmal nicht, sondern ausschließlich Resultate. Und die Folge dieser verpassten Vorentscheidung war, dass der Gegner mit einer einzigen Aktion das Spiel wieder offen gestaltete. Den harten 16-Meter-Linksschuss, den der Leverkusener Athirson nach schöner Vorlage Kießlings abgab, konnte Fiedler noch parieren, aber als im Anschluss daran der verunglückte Befreiungsschlags Malik Fathis an die Brust Paul Freiers prallte, bedankte der sich mit einem trockenen Schuss aus spitzem Winkel zum 1:1-Ausgleich (33.). „Malik war anfangs der Saison eine Bank“, sorgte sich Hoeneß um die Formkrise des linken Außenverteidigers, „er war in der Defensive perfekt. Die Pause im Winter wird ihm guttun.“ Nun war die klare Ordnung, die Hertha vorher ausgezeichnet hatte, völlig dahin. „Wir sind in der zweiten Halbzeit rumgelaufen wie ein Hühnerhaufen, jeder hat gemacht, was er für richtig hielt“, erregte sich Kapitän Friedrich. Zwar hatte Leverkusen kaum größere Chancen – allein Athirson aus kurzer Distanz (37.) und Bernd Schneider nach einer Ecke (57.) brachten das Hertha-Tor in ernste Gefahr.

Aber dann unterlief Torwart Christian Fiedler, der bis dahin souverän agiert hatte, ein verhängnisvoller Fehler: Als Marko Babic zehn Minuten vor Ultimo anlief zu einem Freistoß aus 18 Metern, vernachlässigte Fiedler für einen Moment die Torwartecke – und genau dort, im linken Winkel, schlug der Ball dann ein zum 2:1. Fehlte nur, dass die Hertha diesem zweiten Geschenk an den Gegner noch ein schönes Schleifchen umgebunden hätte. ERIK EGGERS