: Betr.: Marian
Ich zähle jeden einzelnen Tag, den ich hier verbringen muss. Ich möchte nicht undankbar erscheinen, aber ich muss so schnell wie möglich zurück. Ich muss in die Schule, um meinen Abschluss zu machen. Alles, was mir etwas bedeutet, ist in Syrien. Als der Krieg begann, wollte ich mich für die Menschenrechte einsetzen, vielleicht als Anwältin, daraus wird jetzt nichts, es ist einfach zu gefährlich in Syrien. Zuvor wollte ich Journalistin werden, aber Worte haben in den vergangenen drei Jahren überhaupt nichts gebracht. Und alle Journalisten in Syrien waren befangen. Nachts, oder wenn ich Zeit habe, denke ich an meine Freunde, mit denen ich keinen Kontakt mehr habe. Die Erinnerung wird immer blasser, manchmal schreibe ich eine SMS, aber es kommt nie eine Antwort zurück.
■ Marian, 17 Jahre alt, aus Damaskus, lebt seit 18 Monaten im Flüchtlingslager Rajab Marej, Libanon