: „Ich habe keine Angst“
Der Triathlet Faris Al-Sultan, im Vorjahr Sieger auf Hawaii, fordert harte Strafen für dopende Sportler und ein Eingreifen des Staates. Dewegen ärgert er sich über die Politik des Sportbundes
INTERVIEW MARKUS VÖLKER
taz: Herr Al-Sultan, am Wochenende hat sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gegen ein strenges Antidopinggesetz ausgesprochen. Der Besitz von Dopingmitteln bei Sportlern soll demnach nicht strafbar sein.
Faris Al-Sultan: Ich finde, das ist ein Problem, denn im Moment geht ja nix vorwärts im Antidopingkampf. Es gibt zwar Urin- und Blutproben, aber erwischt werden die Jungs meist nicht bei einer Urinkontrolle, sondern durch Ermittlungen der Polizei oder der Staatsanwaltschaft. Das hat man in Spanien im Fall Fuentes gesehen. Ohne Besitzstrafbarkeit des Athleten kommen wir doch nicht an die Hintermänner heran.
Deswegen haben Sie sich im Vorfeld der DOSB-Mitgliederversammlung in Weimar für die Besitzstrafbarkeit stark gemacht und einen Brief an den DOSB-Chef Thomas Bach geschrieben.
Ja, aber es geht mir nicht darum, Athleten noch zusätzlich zu einer sportrechtlichen Bestrafung fünf Jahre hinter Gitter zu bringen. Das ist nicht mein Anliegen. Doch der Staat muss das Wissen gedopter Athleten nutzen können. Und das geht nur, wenn der Besitz strafbar ist. Diese Regelung sollte in Addition zum Sportrecht eingeführt werden.
Nun sagt Thomas Bach, das Strafrecht könnte das Sportrecht aushebeln.
Ich bin kein Jurist, aber nach dem, was ich gehört habe, ist das Unsinn. Es geht beides nebeneinander.
Um ein Beispiel zu nennen: Selbst wenn der ehemalige Schiedsrichter Robert Hoyzer am Freitag vor dem Bundesgerichtshof freigesprochen werden sollte, wird ihn der Deutsche Fußball-Bund nicht mehr pfeifen lassen.
Genau. Mal abgesehen davon, dass ich einen Freispruch nicht nachvollziehen könnte.
Warum stehen Sie als Sportler relativ allein da mit Ihrer Forderung an den Sportbund?
Es gibt einige Triathleten, die meinen Vorstoß unterstützen, ganz allein bin ich nicht. Ich muss allerdings sagen, dass ich noch nie Fördergelder vom Staat erhalten habe. Ich werde auch nicht zu den Olympischen Spielen fahren, höchstens als Zuschauer. Mir kann der Bach also nix. Ich habe keine Angst, den Mund aufzumachen.
Die DOSB-Kaderathleten aber schon?
Ich bin frei. Ich bin wie gesagt nicht in einer olympischen Disziplin aktiv. Und was soll Herr Bach schon gegen mich als Kritiker machen, mich mit Polonium vergiften? Das wird er nicht tun.
Da sind wir beruhigt.
Schön.
Wird sich die Politik in der Gesetzgebung am DOSB orientieren oder doch noch die Besitzstrafbarkeit einführen?
Die Politik, also Minister Wolfgang Schäuble, wird sich nicht gegen den DOSB stellen wollen. Da fehlt völlig die Motivation. Und im Sportbund sitzen ja viele Funktionäre, die nie Sportler waren. Die verfolgen zunächst ihre ganz persönlichen Interessen. Denen geht es nicht ums Ganze.
Nach dem Fall Jan Ullrich hätte man annehmen können, dass in Deutschland die Zeit reif ist für harte Antidopingmaßnahmen. Das scheint aber offensichtlich nicht der Fall zu sein.
Wer wirklich viel Einfluss hätte, das wären die Sponsoren. Bei denen müsste ein Umdenken stattfinden, wie auch bei den Zuschauern. Aber manche Sponsoren sind nur froh, wenn ihr Logo im TV zu sehen ist, und die Zuschauer sehen nach wie vor bei der Tour de France zu, obwohl sie wissen, dass die Leute randvoll sind. Da zählt nur das Ereignis an sich. Mehr nicht.