Aktivist entzieht sich

GENETISCHER FINGERABDRUCK Martin R. aus Göttingen ist untergetaucht, weil er eine Speichelprobe abgeben sollte. Er hatte auf einer Demonstration einen Böller geworfen. Nun ist er zur Fahndung ausgeschrieben

Sein Rechtsanwalt geht davon aus, dass sich R. nicht mehr in Göttingen aufhält

Bevor ihm die Polizei eine Speichelprobe entnehmen konnte, ist der 20-jährige Antifa-Aktivist Martin R. aus Göttingen untergetaucht. Die Staatsanwaltschaft hat ihn am Freitag zur bundesweiten Fahndung ausgeschrieben.

Die DNA-Entnahme hatte die Staatsanwaltschaft beantragt, weil R. auf einer Demonstration einen Silvesterknaller geworfen haben soll. Eine Beschwerde R.s hatte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag ohne Begründung abgelehnt. Als „Katastrophe für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ bezeichnete das R.s Anwalt Sven Adam.

Martin R. hätte am Mittwoch bei der Polizei erscheinen müssen, um sich seinen genetischen Fingerabdruck abnehmen zu lassen. Doch er blieb weg. Sein Rechtsanwalt geht davon aus, dass er sich nicht mehr in Göttingen aufhält. „Es ist mir nicht leicht gefallen, eine Entscheidung zu treffen, die mich von meinen Freunden und meiner Familie für einen unbestimmten Zeitraum trennen und meine Ausbildung gefährden wird“, erklärte R. in einer Pressemitteilung. Er habe jedoch „keine andere Möglichkeit gesehen, auf diese Situation aufmerksam zu machen“. Die gesellschaftliche Tragweite des Verfahrens habe ihn ermutigt, unterzutauchen.

Unterstützung bekommt der junge Mann von den Grünen. Der Göttinger Kreisverband forderte von Polizei und Staatsanwaltschaft, auf alle Zwangsmaßnahmen zur DNA-Entnahme zu verzichten und R. wieder „einen selbstbestimmten Lebensalltag zu ermöglichen“.

Auch die Landtagsgrünen finden, dass eine DNA-Entnahme nicht leichtfertig angeordnet werden dürfe, zumal die DNA-Probe für das laufende Ermittlungsverfahren keinerlei Bedeutung habe. „Es könnte der Eindruck entstehen, dass auf Verdacht und Vorrat DNA-Profile aus der linken Szene Göttingens angelegt werden sollen“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Helge Limburg.

BENJAMIN LAUFER