KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER PAPIERLOSEN-MEDIZIN : Kein Anlass, zu warten
Die humanitäre Sprechstunde für Menschen ohne Aufenthaltsstatus ist wichtig: Sie lindert einen unerträglichen Zustand. Denn angemessene medizinische Versorgung, zu der die freie Wahl des Arztes gehört, ist ein Menschenrecht.
Wenn aber die Wahrnehmung dieses Rechts zu staatlicher Repression führt, dann ist es faktisch verletzt. Außer in Deutschland gibt es deshalb in allen europäischen Ländern eine standardisierte Lösung für dieses Problem der Papierlosen.
Hier hingegen gibt es „Modellversuche“, so wie in Bremen: Die sind so gut wie ein Schmerzmittel. Sie machen die Verletzung für eine gewisse Zeit hinnehmbar. Aber: Analgetika heilen nichts. Von daher gibt es überhaupt keinen Anlass, abzuwarten was bei dem Modellversuch herauskommt, wie Zahra Mohammazadeh anregt: Im Gegenteil, die Zeit in der humanitärer Balsam die Verletzung des Rechts erträglich macht, ist die beste, um die echte Therapie voranzutreiben. Zumal ja längst Konsens über eine sinnvolle Lösung besteht: Eine anonyme Krankenkarte. Im Bundesrat müsste eine Mehrheit dafür zu bekommen sein. Dass die den Staat Geld kostet, ist in diesem Fall unerheblich: Die Verwirklichung der Menschenrechte darf auch im reichsten Land der EU nicht an den Kosten scheitern.