: Wulff attackiert „Bild“-Zeitung
MEDIEN Exbundespräsident Christian Wulff wirft dem Boulevardblatt in seinem Buch vor, ihn aus politischen Gründen zur Strecke gebracht zu haben
AUS BERLIN ULRICH SCHULTE
Christian Wulff antwortet schnell, als könne es bei diesem Punkt keinen Zweifel geben. „Der Rücktritt war falsch“, sagt er. „Und ich wäre auch heute der Richtige im Amt.“ Gut zwei Jahre ist es her, dass Wulff vom Amt des Bundespräsidenten zurücktrat. Jetzt steht er in der Berliner Bundespressekonferenz vor Dutzenden Journalisten und stellt seine persönliche Bilanz vor.
Wulff hat ein Buch geschrieben, in dem er sich ausführlich erklärt. Das im C. H. Beck-Verlag erschienene Werk „Ganz oben. Ganz unten“ soll keine Abrechnung sein, betont er, sondern ein Beitrag zur politischen Kultur des Landes. Gerade für Journalisten bietet sich viel Stoff zur Selbstreflexion, Wulff fällt ein hartes Urteil über wichtige deutsche Medien. Jene hätten eine „zwei Monate dauernde Treibjagd“ veranstaltet und sich dabei von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann instrumentalisieren lassen, lautet sein Vorwurf. Bild habe mit seinem Fall eine Botschaft an die Prominenz Deutschlands geschickt, schreibt Wulff: „Seht her, so machen wir es mit jedem, der die Ausnahmestellung von Bild nicht anerkennt, er geht unter.“
Die Affäre begann im Dezember 2011. Damals schrieb die Bild-Zeitung, dass ein befreundeter Unternehmer dem damaligen Ministerpräsidenten Niedersachsens privat 500.000 Euro zu einem günstigen Zinssatz geliehen hatte. Wulff finanzierte damit ein Haus in Großburgwedel.
In den Wochen danach recherchierten Medien unzählige, auch unwichtige Details aus Wulffs Privatleben. So kam heraus, dass Wulff und seine damalige Frau gratis in luxuriösen Ferienhäusern begüterter Freunde Urlaub machten. Air Berlin schenkte ihm ein Upgrade in die Business Class, eine Zeitung jazzte ein geschenktes Bobbycar für seinen Sohn zum vermeintlichen Skandal hoch. Ein entscheidender Punkt der Affäre war Wulffs Anruf bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann. Er rief diesen im Dezember 2010 an, um die drohende Veröffentlichung zu verhindern. Die Mailboxnachricht veröffentlichte Diekmanns Zeitung jedoch nicht selbst. Ihre Redakteure stachen sie häppchenweise an andere Medien durch.
Was blieb, waren drei Erkenntnisse: Ein Boulevardblatt spielte auf perfide Art und Weise mit einem Bundespräsidenten. Ein Chefredakteur machte selbst Politik. Und ein Präsident versuchte, auf kurzem Dienstweg einen kritischen Bericht zu stoppen.
Wulff selbst attackiert die Bild-Zeitung in seinem Buch scharf. Mehrmals attestiert er Diekmann, diesem sei es um eine Trophäe gegangen. Als weiteren Grund für die Angriffe der Springer-Zeitungen vermutet er seine islamfreundliche Haltung. Von Wulff stammt der Satz, der Islam gehöre zu Deutschland.
Dass auch diese Position bei den Angriffen des Springer-Verlages auf ihn eine Rolle gespielte habe, habe er nicht thematisieren können, schreibt Wulff. „Hätte ich sagen sollen: Herr Döpfner bekämpft mich, weil er durch meine Äußerungen zum Islam die Freiheit in Deutschland bedroht sieht und Joachim Gauck ohnehin für den Besseren hält?“