neues aus neuseeland: traumschiffer im eingeborenen-paradies von ANKE RICHTER :
Wo gedreht wird, da fallen Späne. Wenn sie aus der Mottenkiste der deutschen Fernsehunterhaltung kommen, sind sie besonders morsch. Ein Regisseur – nennen wir ihn Hans, denn so heißt er teilweise – wird von seinem Sender seit Urzeiten in die weite Welt geschickt, um uns weiszumachen, dass das gerontologische Treiben an Bord der „MS Deutschland“ oder auf badischen Krankenhausfluren frivol und fidel sei.
Der Mann hat uns Stunden und Aberstunden vom „Traumschiff“ und aus der „Schwarzwaldklinik“ beschert. Im Dienste dieser Aufgabe hat er Opfer auf sich genommen, gegen die der jahrelange Anblick von Klaus-Jürgen Wussow ein Klacks gewesen sein muss: 1985 biss ein Löwe Hans beim Dreh ins Schienbein.
„Ein Löwe! Im Schwarzwald! Ich lag unter ihm!“, ruft der Regisseur aus. Er kann die Begeisterung über so viel Heldentum schwer verbergen. Ungefragt krempelt er das Hosenbein hoch und zeigt die Narbe. Um die Hose ganz auszuziehen, ist es etwas zu frisch, denn Hans steht auf einem windigen Hügel der Südalpen, hinter sich Schafe, vor sich der Wakatipu-See, dazwischen eine Filmcrew. Die hat es für die zweite Folge der ZDF-Schmonzette „Kreuzfahrt ins Glück“ ins Land der Bungee-Springer verschlagen, deren Brutstätte das penetrant Adrenalin verströmende Queenstown ist.
„So viele flippige Typen hier, ganz toll!“, ruft der Regisseur aus. Fast so toll wie sein Sohn, der in Harvard studierte und jetzt für die Bill-Clinton-Stiftung arbeitet, was zwar nichts mit dem Drehort zu tun hat, aber von Hans dringend erwähnt werden muss. Überhaupt, dieses Neuseeland – nichts zu meckern hat er daran. „Die Maoris, die haben alles für uns gemacht, also diesen …“, er streckt die Zunge raus, „… Haka!“ Er sprüht. „Mit denen muss man ein bisschen umgehen wie mit Kindern. An die Hand nehmen, lachen.“ Er lacht. „Wenn man denen was gesagt hat, haben sie einfach weitergesungen. Was die Musik angeht – na ja. Hawaii lässt grüßen …“
Dann war da noch ein Priester, „der hat den Platz eingeweiht in dieser nicht nachvollziehbaren Sprache. Das sind Momente, wo man nachdenklich wird.“ Der Priester fuhr auf einer Harley Davidson davon, und das machte Hans noch nachdenklicher. „Ein echter Maori-Rocker. War wohl ein Hells Angel.“ Weitere Ungereimtheiten – zum Beispiel, dass die Ureinwohner nur nach mühsamen Anfragen eine Begrüßungszeremonie aufführten, die von den findigen Fernsehfritzen flugs zur „Maori-Hochzeit“ deklariert wurde – kann Hans sich jedoch ganz einfach erklären. „Da ist jede Gruppierung eifersüchtig auf die andere. Die helfen sich nicht gegenseitig.“
Etwas „düpiert“ sei er gewesen, dass diese fremden Wesen – halb Kinder, halb Rocker – ein Jazzkonzert auf ihrem heiligen Platz erlaubten, aber dem Albtraumschiff einfach die kalte Schulter zeigten. „Schade, dass die nicht auf uns zukommen mit ihrer Kultur, denn wir zeigen das ja einem großen deutschen Publikum“, wundert sich Hans. Schade, denn ansonsten haben sie ihm doch alle geholfen auf der Kreuzfahrt ins Glück. Selbst die Schafe spielten mit. Jetzt lacht er wieder: „Nur die japanischen Touristen, die gingen uns nie aus dem Weg!“ Japaner gucken auch kein ZDF.