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SYLVIA PRAHL
Verstecken spielen, „aus Spiel“ Diebe dingfest machen und auch schön mal selbst was ausfressen – alles Beschäftigungen die im Kinderalltag großzügigen Raum einnehmen. Da könnte es interessant sein, einmal dem „Vater“ der Hobbydetektive, Emil Tischbein, hinterherzuspüren. Jener Emil, der während der Zugfahrt von Neustadt nach Berlin einpennt und vom windigen Mitfahrer Grüneisen seiner 120 Mark beraubt wird, zum Glück aber am Bahnhof Zoo Gustav mit der Hupe kennenlernt und dann mithilfe Gustavs und dessen famoser Kumpel unter der „Parole Emil“ den Dieb bewundernswert professionell überführt. Am Sonntag gehen Kinder ab acht Jahren unter dem Banner „Emils neue Detektive“ auf Spurensuche nach Emil. Und finden heraus, was sich so verändert hat am Zoo seit Emils Ankunft dort vor 85 Jahren. Natürlich heften sie sich auch an die Fersen des fiesen Diebs und erfahren unterwegs einiges über den Autor von „Emil und die Detektive“, Erich Kästner. Am Nollendorfplatz stellen sie fest, welche „Originalschauplätze“ den Zweiten Weltkrieg und den Zahn der Zeit schadlos überstanden haben, und eine Überraschung gibt es auch (www.stattreisenberlin.de, 5 Euro).
Um sich vorab der Details der durchaus herzerweichenden Geschichte zu bemächtigen, sei das Originalhörspiel von „Emil und die Detektive“ von 1962 wärmstens empfohlen. Ohne jeden Firlefanz oder Musik nimmt die Story ihren Lauf, der Erzähler Heinz Reincke und die jugendlichen Stimmen von Friedrich Schütter und Manfred Steffen lassen die Hörer jeden Alters den Alltag schnell vergessen. Das mag daran liegen, dass die Themen Freundschaft, Vertrauen, Courage und Verantwortungsgefühl von Kästner auf eine Art behandelt werden, die, von ein wenig überschüssigem Pathos abgesehen, auch heute noch verstanden wird. Außerdem sind die Traumsequenzen herrlich 60er-psychedelic-mäßig in Szene gesetzt. Das transportierte Jungs- und Mädchenbild ist zwar nicht mehr up to date, aber das ist dem Kinde historischerdings einfacher zu vermitteln, als bei heutigen Kinderbüchern, die alte Rollenbilder völlig arglos wiederkäuen. In der CD-Box „Das Beste von Erich Kästner“ sind außer „Emil“ die Klassiker „Das fliegende Klassenzimmer“ und „Pünktchen und Anton“ wieder aufgelegt – „Das doppelte Lottchen“ wurde leider vergessen. In „Pünktchen und Anton“ ist sogar Kästner selbst als Erzähler zu hören, was er wunderbar knarzig erledigt und wodurch, da er sich stets selbst in seine Storys einschrieb, das Gutmenschen-Feelgood-Stück einen authentischen Anstrich bekommt (oetinger audio, 14.95 Euro, ab sieben Jahre).
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