: Ein Lehrstück zu Gammelfleisch
Senatorinnen informieren SPD, PDS und Öffentlichkeit über den Fleischskandal. Opposition bleib aus formalen Gründen fern – und verpasst informatives Theater
Die Opposition stänkert rum. Eine „Gammelfleisch-Show“ sei die Veranstaltung, heißt es in einer Erklärung von CDU, Grünen und FDP, die sie vor dem Sitzungssaal 113 des Abgeordnetenhauses verteilen lassen. Drinnen sitzen die Senatorinnen für Soziales, Heidi Knake-Werner, und Gesundheit, Katrin Lompscher (beide PDS). Sie sollen den Abgeordneten von SPD und PDS den Hintergrund des Gammelfleischskandals erklären.
Eigentlich will auch die Opposition so eine Fragestunde. Aber nicht am Donnerstag, wenige Stunden vor der Plenarsitzung des Parlaments, sondern am Montag bei einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses. Das entspräche den Gepflogenheiten des Abgeordnetenhauses. Doch die Koalition will nicht mehr warten. Sie hat gut recherchierte Fakten vorzutragen. Und so bieten SPD und PDS statt der befürchteten Show ein Lehrstück im Brecht’schen Sinne.
Schon am 15. September wurde die zuständige Veterinär- und Lebensmittelaufsicht vom Landeskriminalamt informiert, dass ein anonymer Hinweis auf Probleme mit Putenfleisch vorliege, rekapituliert Knake-Werner, damals noch für Verbraucherschutz zuständig. Bei gezielten Kontrollen seien dann am 21. September im Kühlhaus an der Beusselstraße 95 Tonnen Putenfleisch beschlagnahmt worden. Bei fast der Hälfte der Proben wurde ein Salmonellenfall bestätigt. Das dauerte jedoch bis zum 9. Oktober, um alle rechtlichen Vorgaben einzuhalten.
Anfang November steht fest, dass weitere 60 Tonnen Fleisch in Verkehr gebracht worden waren, die eventuell mit Salmonellen kontaminiert waren. Daraufhin meldet das Fachreferat der Verwaltung den Fall an das europäische Schnellwarnsystem. Die Senatorin wird nicht benachrichtigt. Erst als am 8. Dezember die Staatsanwaltschaft die Presse informierte, habe sie davon erfahren, so Knake-Werner. Zwar sitzen nur Abgeordnete der Koalition im Saal. Kritisches Nachhaken bleibt dennoch nicht aus, vor allem, warum die Öffentlichkeit so spät informiert wurde. „Es gab ein Problem“, gibt Knake-Werner zu. Sie hätte die Öffentlichkeit früher informiert, wenn sie denn selber von dem Fall gewusst hätte. Das wäre aber selbst bei der Einhaltung aller Regularien frühestens Anfang November der Fall gewesen. Für den Verbraucher sei dies viel zu spät, ergänzt Lompscher. Der müsse die Chance bekommen „etwas zu wissen, bevor alles aufgegessen ist“. Deshalb will sie den Informationsablauf beschleunigen, das sei „eine Riesenbaustelle“. Entsprechende Konzepte sollen spätestens Anfang Februar vorliegen. Zudem werde ein eigenes Referat für Verbraucherschutz eingerichtet. Die Opposition wird am Montag dazu Stellung nehmen, wenn alle Details bei im Gesundheitsausschuss wiederholt werden. Gereon Asmuth