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Archiv-Artikel

Deutsche Wälder werden jetzt verheizt

Weil immer mehr Hausbesitzer auf Holzpellets umsteigen, sorgen sich Hersteller um umweltfreundlichen Nachschub

BERLIN taz ■ 100 Prozent Marktwachstum in einem Jahr – für die meisten Branchen wäre das ein Grund zum Jubeln. Doch die Hersteller von Holzpellets und entsprechenden Heizungen sind besorgt. „Das ist eine Riesenherausforderung für uns“, sagte Cornelius Hemmer, Geschäftsführer beim deutschen Energie-Pellet-Verband.

Zum einen sei es schwierig, die Versorgung mit Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft weiterhin sicherzustellen. Zum anderen habe die hohe Nachfrage dafür gesorgt, dass der Preis für eine Tonne Pellets innerhalb eines Jahres um 35 Prozent gestiegen ist. „Das ist nicht das, was wir wollen“, sagt Hemmer.

Holzpellets, die aus Sägemehl, Hobelspänen oder Restholz aus dem Wald gepresst werden, gelten im Vergleich zu Gas und Öl als umweltfreundlicher. Denn sie setzen bei ihrer Verbrennung nur die Menge an Kohlendioxid frei, die der Baum zuvor beim Wachsen aufgenommen hat. Zudem interessieren sich viele Heizungsbesitzer wegen der gestiegenen Öl- und Gaspreise jetzt für den heimischen Brennstoff. „Es geht den Kunden um den Autarkie-Gedanken“, sagt Andreas Lücke vom Branchenverband BDH, der unter anderem die Heizungshersteller vertritt.

26.000 neue Pelletkessel wurden in diesem Jahr in Deutschland installiert. Damit hat sich ihre Zahl auf über 70.000 erhöht. Noch aber wird nur jede 550. Anlage in Deutschland mit Holzpellets beheizt. „Ein Nischenmarkt, aber ein stark wachsender“, sagt Lücke.

Und dieser Trend scheint auch nicht durch steigende Preise gestoppt zu werden. Mittlerweile ist die Energie aus Holzpellets nämlich fast so teuer wie die aus Gas- und Ölkesseln. Für eine Kilowattstunde werden 5,2 Cent fällig, rechnet Experte Hemmer vor, für Öl und Gas 5,5 Cent.

Damit die Preise nicht weiter so stark steigen, werden neue Pelletfabriken gebaut und bestehende erweitert. Im kommenden Jahr soll die Produktionskapazität in Deutschland erstmals über die Eine-Million-Tonnen-Marke steigen, das ist eine Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahr. Doch auch in neuen Anlagen muss Holz verarbeitet werden. Und der Markt für den nachwachsenden Rohstoff wird nicht nur getrieben von den ökologisch orientierten Eigenheimbesitzern. Auch die Bauwirtschaft zieht wieder an. Und der Möbelbau fragt mehr Holzspäne nach.

Noch sei das Angebot in Deutschland ausreichend, sagt Hemmer. Aber es sei ein Spagat, weiterhin ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft zu betreiben und gleichzeitig die wachsende Nachfrage zu decken. Zudem erwartet Hemmer für die kommenden Jahre Pellets-Importe aus Nord- und Südamerika oder Russland. „Und die werden billiger sein als deutsches Holz“, meint er – und fordert strenge Umweltkriterien für deren Produktion. STEPHAN KOSCH