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Archiv-Artikel

Der Chef spielt Unschuldslamm

Im kleinen Bankenprozess weist nur noch IBG-Chef Schoeps jede Schuld von sich. Verfahren gegen Marathonläufer Neuling ausgesetzt. Im großen Bankenprozess beginnen heute die Plädoyers

von Gereon Asmuth

Drei sind schon verurteilt, einer ist verhandlungsunfähig. Nun ist Manfred Schoeps der einzige Angeklagte im kleinen Bankenprozess. Denn anders als seine drei geständigen Mitangeklagten weist der IBG-Chef jegliche Schuld von sich. Für die Hinterziehung von Steuern in Millionenhöhe bei den umstrittenen Immobilienfonds der landeseigenen Bankgesellschaft sei er nicht verantwortlich, erklärte Schoeps gestern vor dem Landgericht.

In dem Verfahren geht es um den Verkauf von rund 4.000 Plattenbauwohnungen der Aubis-Gruppe an einen Fonds, den die IBG, eine Tochter der Bankgesellschaft Berlin, 1997 aufgelegt hatte. Der hatte je 94 Prozent diverser Aubis-Firmen übernommen. Weil das den Finanzämtern nicht mitgeteilt wurde, entgingen dem Staat rund 2,35 Millionen Euro Grunderwerbsteuer.

Der Rechtsberater der IBG, Christian Lauritzen, der Notar Gerhard Sielaff sowie ein Projektleiter hatten bereits gestanden. Lauritzen war deswegen zu 11 Monaten Haft auf Bewährung und 200.000 Euro Geldbuße verurteilt worden. Sielaff bekam zwei Jahr Haft auf Bewährung. Der Projektleiter muss 10.000 Euro zahlen.

Schoeps bestreitet den Ablauf des Geschehens an sich nicht. Er gab gestern sogar zu, von seinem Rechtsanwalt Lauritzen darauf hingewiesen worden zu sein, dass die Grunderwerbsteuer anfallen könne. Doch für die Mitteilung an die Finanzämter, so Schoeps, seien die Notare zuständig. Für die rechtliche Konstruktion des Geschäfts sei sein Anwalt zuständig gewesen. Und die Steuern habe der Verkäufer der Wohnungen, die Aubis-Gruppe, zahlen müssen.

„Ich habe lediglich den kaufmännischen Rahmen vorgegeben“, versuchte der Manager seine Rolle möglichst kleinzureden. Nicht einmal die Idee zu dem Geschäft sei von ihm. Ende 1996 habe Jürgen Noack versucht, die IBG von dem Geschäft zu überzeugen. Noack war damals Vorstandsmitglied der Berlin Hyp, einer weiteren Tochter der Bankgesellschaft. Die Berlin Hyp hatte die Immobiliengroßeinkäufe der Aubis durch großzügige Kredite finanziert. Mit der Übertragung der 4.000 Wohnungen in die Fonds der IBG habe die Berlin Hyp die „übergroßen Kredite der Aubis“ verkleinern wollen, sagte Schoeps gestern vor Gericht.

Geschäftsführer der Aubis-Gruppe war damals Christian Neuling. Auch er war einer der ursprünglich fünf Angeklagten. Er hatte zwar im September erfolgreich den Berlin-Marathon absolviert, ist aber wegen einer Depression nicht verhandlungsfähig. Das hatte in einem Zweitgutachten Ende vergangener Woche der Leiter des Instituts für Forensische Psychiatrie der Freien Universität, Hans-Ludwig Kröber, bestätigt. Das Verfahren gegen Neuling wurde daraufhin gestern vom Gericht vorläufig eingestellt.

Neuling hatte zusammen mit dem zweiten Aubis-Geschäftsführer Klaus Hermann Wienhold 1995 insgesamt rund 20.000 Euro an den damaligen CDU-Fraktionschef Klaus Rüdiger Landowsky gespendet, der gleichzeitig auch Chef der Berlin Hyp war. Als sechs Jahre später herauskam, dass das Geld nicht als Parteispende verbucht worden war, kam es zum politischen Eklat. Landowsky trat von allen Ämtern zurück, die SPD verließ die Koalition mit der CDU.

Die Berlin Hyp hatte der Aubis insgesamt mehr als 235 Millionen Euro an Krediten zur Verfügung gestellt. Weil die Bank dabei hohe Risiken außer Acht gelassen haben soll, sind derzeit in einem weiteren Prozess 13 ehemalige Manager angeklagt – darunter Landowsky. In dem Verfahren beginnt die Staatsanwaltschaft heute mit ihren Plädoyers.

Die Bankgesellschaft war durch die Kredite an Aubis und weitere Immobiliengesellschaften in eine extreme Schieflage geraten. Sie konnte 2001 nur durch Milliardenzuschüsse des Landes gerettet werden.