Holocaust-Leugner Irving ist frei

Wiener Oberlandesgericht setzt zwei Drittel der Haftstrafe zur Bewährung aus

WIEN taz ■ „Euer Ehren, danke schön“. Sichtlich bewegt nahm Holocaust-Leugner David Irving gestern den Spruch des Wiener Oberlandesgerichts entgegen. Der Berufungssenat gab dem Antrag auf Strafminderung nicht statt, sorgte aber für die sofortige Freilassung des 68-jährigen Briten. Zwei Drittel der dreijährigen Haftstrafe wurden zur Bewährung ausgesetzt. Unter Einrechnung der Untersuchungshaft hat Irving 13 Monate abgesessen. Die Staatsanwaltschaft, die ebenfalls in Berufung gegangen war, weil sie das Strafausmaß als zu gering erachtete, konnte sich nicht durchsetzen. Irving wird daher nach London heimkehren.

Irving war im vergangenen Februar vom Wiener Landesgericht wegen Leugnung des Holocaust zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Der Historiker hatte 1989 bei Vorträgen in Österreich Adolf Hitler gegen den Vorwurf in Schutz genommen, die Judenverfolgung persönlich angeordnet zu haben. Zudem bestritt er die Existenz von Gaskammern im Dritten Reich. Ein damals ausgestellter Haftbefehl diente im November 2005 zur Festnahme Irvings, als er erneut zu Vorträgen unterwegs war.

Bei seinem Verfahren im Februar hatte sich der Wiederholungstäter einsichtig gezeigt. Er sei durch neue Dokumente überzeugt worden, dass Hitler doch mit der „Endlösung der Judenfrage“ zu tun gehabt habe.

Der vorsitzende Richter Ernest Maurer gab als Begründung für sein Urteil an, dass zwischen der Tat und der Verurteilung eine lange Zeit gelegen habe. Außerdem seien das fortgeschrittene Alter und die familiäre Situation des Verurteilten zu berücksichtigen. Irving hat in London eine kranke Frau und eine zwölfjährige Tochter. Auch sei eine Wiederholung der Straftat nicht zu befürchten, da mit der sofortigen Heimreise des Täters zu rechnen sei. Diese Vermutung bestätigte dieser.

Der Prozess hatte in Österreich die alte Diskussion über Sinn und Unsinn der strafrechtlichen Verfolgung von Gesinnungstätern wiederbelebt. Viele linke Intellektuelle halten nichts vom Einsperren Unbelehrbarer. Für die rechte Szene sind solche Leute Märtyrer der Meinungsfreiheit. RALF LEONHARD

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