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Archiv-Artikel

sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

JÖRG SUNDERMEIER

Am Donnerstag wird in der Galerie Olga Benario (Richardstraße 104, 19.30 Uhr) über Käte Duncker bis Anita Augspurg gesprochen, also über Kriegsgegnerinnen während des Ersten Weltkrieges. Der Historiker Ottokar Luban wird die sozialistischen und pazifistischen Aktivistinnen vorstellen und zeigen, wie schwierig es war, in den Jahren des Hurrapatriotismus einen eigenen Kopf zu bewahren! Aber, wenn wir ehrlich sind, gerade in diesen Weltmeisterschaftszeiten können wir uns das schon ein bisschen vorstellen.

Am Samstag findet am Oranienplatz der Kreuzberger CSD statt. „Seit 1997 rollen, laufen und tanzen“ – laut Veranstalter_innen – „Inter*, Trans*, Bisexuelle, Lesben, Tunten, Queers, Out-of-genders, Schwule und Unterstützer_innen jedes Jahr zu diesem Anlass durch Kreuzberg.“ Vom Oranienplatz wird sich die Demo für Lebensfreude und Souveränität dann bis zum Heinrichplatz bewegen, um dort eine Abschlusskundgebung zu machen. Das ist prima so und ein großer Spaß. Der allerdings manchmal getrübt wird. Vielleicht sollte in diesem Jahr darauf geachtet werden, dass nicht wieder Halbnackte auf der Bühne für Peiniger und Schlächter aus homo- und sonstwiephoben Regimen werben – denn das ist dann vielleicht nicht ganz so passend.

Am Sonntag wird im – unlängst von Nazis attackierten – K-Fetisch (Wildenbruchstraße 86, 20 Uhr) über die Klassenkämpfe in Portugal 1974/75 geredet, die unter dem Namen „Nelkenrevolution“ Geschichte machten. Auch nach der Revolution gingen dort die Klassenkämpfe weiter, die Arbeiter_innen wollten nicht einfach aus der Diktatur in einen demokratischen Kapitalismus übergehen. Guy Debord bemerkte seinerzeit: „Noch nie, nicht einmal in Ungarn, ist das moderne Proletariat so weit gegangen.“ Ricardo Noronha aus Lissabon und Charles Reeve aus Paris sprechen über die historischen Auseinandersetzungen, aber auch über die heutige Situation.

Am Montag schließlich wird der Autor Jan Tölva in der Tisteza (Pannierstraße 5, 19.30 Uhr) über den Zusammenhang von Fußball und Kapitalismus reden und das unter dem schönen Titel: „Es gibt keinen richtigen Ballsport im Falschen“. Der bekennende Fußballfan Tölva nämlich meint, dass auch der Profisport eine Ware ist, die auf dem Markt gehandelt wird. „Folglich muss eine Kritik an Verhältnissen innerhalb des Sports stets auch eine Kritik an den herrschenden Verhältnissen implizieren. Daher soll der Vortrag ebenfalls die Widersprüchlichkeiten in Handeln und Argumentieren vieler Fußballfans aufgreifen und darlegen.“ Klingt gut!