Die 1.000-Euro-Wahlrechtsfrage

Wer ausrechnen kann, wie die Sitze nach den von der CDU beschlossenen Regeln verteilt werden, gewinnt viel Geld

Wer das neue Wahlrecht durchschaut, kann 1.000 Euro gewinnen. Die Initiative „Mehr Bürgerrechte“ hat den Preis ausgelobt, um auf eine Schwachstelle in dem von der CDU-Bürgerschaftsmehrheit beschlossenen Regelwerk hinzuweisen. Das Geld soll der Erste erhalten, der für drei hypothetische Wahlergebnisse rechtlich einwandfrei sagen kann, wie die Sitzverteilung in der Bürgerschaft aussähe.

Die CDU hatte mit ihrer Mehrheit in der Bürgerschaft das vom Volk beschlossene Wahlrecht im Oktober geändert. Dabei führte sie eine „Relevanzschwelle“ ein: Die Reihenfolge der Kandidaten auf einer Wahlkreisliste wird demnach nur verändert, wenn ein unten platzierter Kandidat rund 30 Prozent der für einen Sitz erforderlichen Stimmen erhalten hat. Verteilen sich die Stimmen gleichmäßig, haben die Kandidaten umso größere Chancen ins Parlament zu gelangen, je weiter oben sie auf der Parteiliste stehen. Der Einfluss der Parteien, die über die Rangfolge ihrer Kandidaten bestimmen, ist somit größer als im Volkswahlrecht ohne Relevanzschwelle.

Die Initiative „Mehr Bürgerrechte“ vermutet, dass aufgrund dieser Änderung besonders viele unabhängige Kandidaten zur Bürgerschaftswahl antreten werden, die zuvor einer Partei angehörten. Sie könnten sich so bessere Chancen ausrechnen als auf einem hinteren Listenplatz. Die Initiative bezweifelt jedoch, dass die Zahl der Bürgerschaftssitze eindeutig zu bestimmen ist, wenn neben den Parteien Einzelbewerber gewählt werden. knö

Wer das Gegenteil beweisen möchte, erfährt Näheres unter www.faires-wahlrecht.de oder ☎ 317 69 100