: Bestäubt ihn mit Gold!
SCHLAGER Medien streiten: Darf Stefan Raab den Eurovision Song Contest moderieren
VON DANIEL SCHULZ
Revolutionen fangen immer so schön an. Da streift das Volk seine Angst und die Gewöhnung ab wie einen viel zu lange getragenen Parka, den man nicht wegwerfen wollte, denn … na ja … soooo schlecht ist der doch noch gar nicht. Junge Gesichter träumen von Zukunft, Männer weinen, Frauen kämpfen und wenn es gut läuft, wippen alle zu einen coolen Soundtrack mit.
Und wie hübsch stand es doch auf, das Volk, damals, als wir mit Lena Meyer-Landrut und ihrem Entdecker Stefan Raab gegen die Zwingburg der öffentlich-rechtlich verordneten Mittelmäßigkeit zogen.
No Angels, Ralf Siegel, süßliches Familienliedgut und die übergroße Angst, Fehler zu machen, als deutsches Markenzeichen auch gerne Perfektionismus oder Genauigkeit genannt – weg damit!!! Her mit Echtheit, Frechheit, Lena – so wurde der Grand Prix 2010 in Oslo gewonnen. Es war eine emanzipatorische Revolution von unten gegen ein in sich selbst erstarrtes Staatsfernsehen.
Aber Revolutionen enden oft so hässlich. Blutig rot, weil der Sieger Rache will. Oder grau, weil die Gewinner dann die Erkenntnis anfällt, dass geballte Macht doch gar nicht so schlecht ist, solange sie einem selbst gehört. Das haben die linken Kader des Ostblocks ebenso gehalten wie afrikanische Obristen oder lateinamerikanische Showtalente, die mal Staatschef ausprobieren wollten. Oft mit der Begründung der neue Herrscher brauche erst mal ordentlich Saft in den eigenen Ärmchen, damit er dereinst in güldener Zukunft alles zum Besseren wende.
Und so auch Lena. Von oben herab verkündete uns Stefan Raab, zum Caudillo gewandelt, sein Geschöpf solle nun herrschen fürderhin bis zum nächsten Grand Prix in Deutschland, alles vergessend, was ihn und uns stark gemacht hatte, Lena stand lächelnd dabei. Aus Demokratie wurde Monarchie mit einem bezaubernden Wimpernschlag. Vielleicht hätte uns warnen sollen, dass der Mann eine Sendung namens TV Total moderiert, aber wer wollte damals im Freudentaumel schon so genau hinsehen?
Lenas Job wurde also an Lena vererbt, nun tritt die Dynastin gegen sich selbst an. Wir haben die Wahl zwischen ihr, ihr und ihr – eine Verhöhnung all dessen, was gut war 2010. So schlimm war es nicht mal Anno Siegel.
Kein Wunder, dass die Pseudowahlshow ähnlich aufgesetzt und künstlich überdreht wirkte wie die Beinchenschwingerrevuen im DDR-Fernsehen. Ein Hauch von Ukraine wehte über den Bildschirm – drei Jahre nach der orangen Revolution.
Und nun koppheistert die Frage durchs Mediale, ob Stefan Raab die Grand-Prix-Show in Düsseldorf moderieren darf, denn Lena könnte ja einen Song von ihm singen und das vertrage sich wiederum nicht mit irgendeinem Anhang 1, Paragraf Pustekuchen einer obskuren European Broadcasting Union. Und da wird dann gerungen, ob nicht die journalistische Unabhängigkeit leide oder gar die Moral … oweiapopeiaoho. Antwort? Es ist so was von scheiß-e-gal.
Man sollte Raab ehrlicherweise goldbestäubt wie einen Gottkönig in die Arena tragen. Der Verrat am Volk wurde längst begangen.