: Kein Feuerwerk der Sparideen
WAHLKAMPF Die CDU fühlt sich bei Fragen der Sparpolitik des Landes zu Unrecht vom Parlament übergangen und fordert einmal mehr ein „Alle-Mann-Manöver“
Zur Frage der Berichterstattung von Ausschüssen und Deputationen heißt es in Paragraf 27 der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft:
■ Bei Beratungsgegenständen, mit denen sich […] ein Ausschuss […] befasst hat, wird […] einem […] Mitglied das Wort zur Berichterstattung erteilt.
■ Bei Abgabe eines Ausschussberichts […] kann die Minderheit einen Minderheitsbericht erstatten oder verlangen, dass ihre Gegengründe gegen den Beschluss der Mehrheit oder ihre abweichenden Anträge in dem Bericht mitgeteilt werden.
VON BENNO SCHIRRMEISTER
Die erste Attacke von Wolfgang Schrörs gilt der Form, und sie ist überraschend. Der Haushaltspolitiker der CDU beschwert sich über den Abschlussberichts-Entwurf, den Uta Kummer (SPD) als Vorsitzende am 20. Januar an die Mitglieder des „nichtständigen Ausschusses zur Umsetzung der Föderalismusreform II“ verschickt hat. „Ohne, dass wir ihn untereinander abstimmen“ sei der vorgelegt worden, erbost sich Schrörs, „einen solchen Umgang kann man sich nicht gefallen lassen.“
Recht hätte er, wenn’s denn stimmte: Diskutiert worden ist über den Bericht zwar wirklich noch nicht. Die dafür reservierte letzte Sitzung des Ausschusses für Spar-Szenarios steht allerdings noch aus. Sie ist vom 28. Januar auf übermorgen, 11. Februar verschoben worden – auf Drängen der Opposition. „Das ist doch der ganz normale Vorgang“, so Hermann Kuhn (Grüne), „der Bericht wird doch noch diskutiert“. Und abweichende Meinungen werden dann auch darin auftauchen – ganz treu der Geschäftsordnung (siehe Kasten).
Im Sport würde man Schörs Vorgehen als taktisches Foul bezeichnen. Stellt sich also die Frage nach dem Zweck. Auf den gibt das Pressegespräch Hinweise: Einerseits lenkt das davon ab, dass man selbst auch kein Feuerwerk der Sparvorschläge abbrennen kann. Andererseits soll rückwirkend ein alter Vorschlag von CDU-Chef Thomas Röwekamp gehighlightet werden: Vor einem Jahr hatte der eine Enquête-Kommission zum Thema angeregt und war glorreich gescheitert. Schrörs preist nun dieses Modell. „Bremen braucht ein solches Alle-Mann-Manöver“, sagt er. Doch allein lässt sich das nicht bewerkstelligen: „Ich finde schon den Begriff unglücklich“, so Kummer. Vor allem seien bei dieser „Riesenkoalition“ die inhaltlichen Differenzen zu groß, so die Haushaltspolitikerin. „Das blockiert sich gegenseitig.“
Einigkeit in Fragen der Konsolidierungsstrategie hat folgerichtig auch der Ausschuss nicht hergestellt. So gehen Schrörs und der Union die Sparanstrengungen nicht weit genug. Ein großer Wurf sei dem Ausschuss „nicht gelungen“, wertet er, deshalb bleibe die Sanierung erfolglos. Bremen müsse mehr sparen, auch um die Geberländer zu besänftigen. Anders die Sicht von Die Linke: Als „aufschlussreich“ bezeichnet Klaus-Rainer Rupp die Ausschuss-Arbeit. Sie habe „deutlich gemacht, dass Haushaltssanierung vielleicht möglich ist.“ Aber sie gehe bereits jetzt „auf Kosten nicht nur der sozialen Substanz“. Selbst notwendige Investitionen würden unterbleiben: „Es fehlt die Kohle, um die Straßen zu reparieren“.
Die käme kurzfristig durch die Veräußerung kommunaler Gesellschaften rein, was die CDU fordert, Linke und Rot-Grün aber kategorisch ausschließen. Ferner empfiehlt Schrörs, aus der Tarifkommission der Länder (TdL) auszusteigen. In Berlin sei das erfolgreich gewesen. Naja, aber nicht freiwillig: das Hauptstadtland ist wegen Fehlverhaltens aus der TdL geworfen worden, und will derzeit wieder rein. Und strittig ist, ob ein Ausstieg wirklich spart: „Es ist nicht ausgemacht“, so Kuhn, „dass Bremen ein besseres Ergebnis erzielt, wenn es allein mit der Gewerkschaft verhandeln muss.“ Seine Einsparerwartungen wenigstens mit Näherungswerten zu beziffern vermag auch Schrörs nicht.
Sein bemerkenswertester Vorstoß ist allerdings die Forderung nach einem Personalentwicklungskonzept. Das, so hätte der Ausschuss nach CDU-Ansicht empfehlen sollen, möge die Finanzverwaltung doch bitt’schön erarbeiten und umsetzen. Bei der Senatorin ist man erstaunt. „Das gibt es doch“, im Mai erst hat Karoline Linnert (Grüne) das 100-Seiten-Dokument vorgelegt, und den Abgeordneten erklärt. „Möglich, dass Herr Schrörs das vergessen hat“, so Ressort-Sprecherin Dagmar Bleiker.