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Archiv-Artikel

Börsenpreis für Strom fällt auf null Cent

Dem stürmischen Jahresbeginn sei Dank: Gigantische Windstrommengen drücken den Preis an der Leipziger Strombörse zeitweise auf null. Windräder haben in der ersten Woche so viel Strom ins Netz gespeist wie im Januar 2006 insgesamt

AUS FREIBURG BERNWARD JANZING

Die stürmischen Tage haben den Strommarkt durcheinander gewirbelt: Aufgrund der enormen Strommengen, die von den Windkraftanlagen im Land erzeugt wurden, gab es Strom am Spotmarkt EEX der Leipziger Strombörse mitunter kostenlos. Das heißt: Es gab Strom im Überfluss.

Zum Beispiel gestern zwischen 6 und 7 Uhr morgens: Exakt bei 0,00 Cent lag in dieser Stunde der Strommarktpreis, verursacht einerseits durch die hohen Einspeisungen der Windräder, andererseits aber auch durch die – wie Sonntagmorgen üblich – extrem geringe Nachfrage. Selbst tagsüber wurde Strom in den vergangenen stürmischen Wochen an der Börse mitunter für weniger als 2 Cent je Kilowattstunde verramscht.

So ist auch im Tagesmittel das Preisniveau im Großhandel derzeit ungewöhnlich niedrig. Die sogenannte Baseload (also der Tagesmittelwert des Strompreises an der Börse) lag gestern bei gerade 1,87 Cent je Kilowattstunde. Letzten Freitag waren es 2,44 Cent. Damit war der Preis im Vergleich zum Mittelwert des letzten Jahres, der bei rund 5,1 Cent lag, mehr als halbiert. Deutlicher als zuvor zeigt sich derzeit, wie Windenergie die Strompreise senkt. Der ökonomische Zusammenhang ist übrigens banal: Das hohe Angebot senkt die Preise.

Es waren gigantische Windstrommengen, die zuletzt anfielen – mehr als je zuvor in der deutschen Stromgeschichte. Zeitweise speisten die Windkraftanlagen in den letzten Tagen mehr als 17.000 Megawatt ins deutsche Stromnetz, fast so viel wie alle Atomkraftwerke im Land im gleichen Zeitraum erzeugen. Die Rotoren, die bundesweit inzwischen eine Nennleistung von 20.000 Megawatt erreichen, liefen nahezu unter Volllast. Freuen können sich vor allem die Betreiber der Windräder: An manchen Standorten wurde in der ersten Woche dieses Jahres mehr Windstrom erzeugt als im gesamten Januar des Vorjahrs.

Der Großhandelspreis des Stroms ist zwar nur eine von mehreren Komponenten des Endverbraucherpreises, doch eine anhaltende Niedrigpreisphase an der Börse könnte mittelfristig auch die Strompreise für Haushalte senken (oder zumindest weitere Erhöhungen verhindern). Entscheidend jedoch ist das mittlere Preisniveau über das ganze Jahr. Sollte wieder ein heißer Sommer kommen, der das Kühlwasser für die Großkraftwerke verknappt, könnte der Strom bei gleichzeitiger Flaute auch schnell wieder Spotmarktpreise bis zu 2 Euro je Kilowattstunde erreichen. Stromkunden müssen also auf ein stürmisches Jahr hoffen – schließlich sind die günstigen Strompreise an der Börse so vergänglich wie der Wind.