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Archiv-Artikel

Cuvrybrache vor der Räumung

FAVELA Räumungsgesuch wurde gestellt – Zeitpunkt ist unklar. Einige Besetzer rüsten zum Kampf, die meisten warten ab

„Hier ist miese Stimmung. Keiner weiß, wann es vorbei ist“

EIN BEWOHNER

Die informelle Ansiedlung auf der Cuvrybrache am Schlesischen Tor steht offenbar kurz vor der Räumung. Gerüchten zufolge wird die Polizei noch in dieser Woche die Rechte des Immobilieninvestors Artur Süsskind durchsetzen und die rund 200 Bewohner auf die Straße setzen. Süsskind hatte das Gelände an der Spree 2011 gekauft, er will dort eine Wohnanlage bauen. Seit 2012 ließ er die Besetzung gewähren – akute Räumungspläne will Süsskinds Sprecher Daniel Mamrud nicht bestätigen. Die Polizei allerdings bestätigt, dass ein Räumungsgesuch des Eigentümers eingegangen sei. Dessen Prüfung sei, so ein Sprecher am Montagvormittag, „noch nicht abgeschlossen“.

Am Montagmittag ist die Stimmung vor Ort ausgesprochen nervös. Entlang der Cuvrystraße, am Seiteneingang zum Camp, hat ein Filmteam sein Set aufgebaut. An Biertischen essen die Filmleute zu Mittag, bewacht von Sicherheitsleuten, die bettelnde Romakinder wegscheuchen. Ein Polizeiwagen fährt mit eingeschalteter Sirene die Schlesische Straße entlang. Ein Typ mit nacktem Oberkörper schießt um die Ecke und schreit: „Die Räumung!“ Doch der Wagen fährt weiter, es bleibt ruhig. „Erschreck mich doch nicht so“, brummt einer, der gerade ein paar leere Obstkisten auf die Brache trägt, zum Heizen. Tobias heißt er, ist aus Sachsen und seit einem verpatzten Neustart nach dem Gefängnis auf der Brache gelandet. „Hier ist gerade ganz miese Stimmung, keiner weiß, wann es vorbei ist“, meint er.

Die Bewohner rechnen jeden Tag mit der Räumung, auch Tobias will gehört haben, dass die Polizei am heutigen Dienstag im Morgengrauen kommen wolle. Am Wochenende haben sie noch einmal versucht, die Gemeinschaft zu stärken, mit einem Fest. Doch die „Cuvrynale“ sei langweilig gewesen, meint Tobias: schlechte Musik, zu wenig Besucher von außerhalb – dabei habe man extra vorher aufgeräumt. Bei einem Plenum am Sonntag sei klar geworden, wie zermürbt viele inzwischen seien von der Ungewissheit, den Reibereien, der Armut und dem Müll: Die meisten, so schildert Tobias, würden wohl freiwillig gehen. Es gebe aber auch andere, die kämpfen wollten. 36 Mollis lägen bereits vorbereitet auf dem Gelände. Er selbst, sagt Tobias, habe sich noch nicht entschieden. „Ich werde mal abwarten, meine Sachen hab ich ja schnell gepackt.“

Die drei Männer, die gegenüber vor dem Hostel sitzen und das Kommen und Gehen an der Brache beobachten, freuen sich schon auf eine schnelle Räumung. Übergriffe auf eine lesbische Barbesitzerin, Pöbeleien – all das müsse jetzt mal ein Ende haben, finden sie. Ärgern tut sie nur eins: dass sie mit ihrer Ablehnung des Cuvrybrachen-Camps dem Investor in die Hände spielen. „Der hat nur darauf gewartet, dass sich die Stimmung im Kiez dreht“, sagt einer. „Jetzt kann er in Ruhe seine Luxuswohnungen bauen.“ NINA APIN