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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Volksverdummung

■ betr.: „Gedenken Erster Weltkrieg. Bundestag würdigt Ende des Militarismus“, taz vom 4. 7. 14

Warum suggeriert uns die dpa, dass Alfred Grosser die „Überwindung des Militarismus“ in seiner Rede vor dem Bundestag gewürdigt habe? Ich habe das in dieser Eindeutigkeit nicht im Originaltext gefunden, eher das Gegenteil und damit heutiges Regierungsmantra, dass unser Militär sich auch „für andere“ engagieren sollte … Hier findet wieder Volksberuhigung/-verdummung statt, eine Verhöhnung sondergleichen! SABINE MIEHE, Marburg

Mehr als schräg

■ betr.: „So wirst du Weltmeister“, taz vom 5. 7. 14

Ich war noch nie von der Sportseite der taz begeistert, aber was da an Spielberichten aus Brasilien kommt, ist schon mehr als schräg! Da gewinnt die deutsche Mannschaft mit großem Glück ein mehr als schwaches Spiel. Schleppt sich über die Runden und ohne die gänzlich aus dem Rahmen fallenden Glanzleistungen eines Hummels oder Neuer hätten sie locker verloren! Und die taz schreibt von souveräner Kontrolle, von kluger Spielanlage.

Was tat da zum Beispiel ein Klose? Ein Trauerklose! Der aber war eher das Aushängeschild dieses lahmen, uninspirierten Spiels, als die beiden Obengenannten! Lieber mit Schmackes und Kampf verlieren, als mit solchem Ballgeschiebe weiterkommen!

So jedenfalls macht WM mir keinen Spaß!

BALDUR VON BERLEPSCH, Brugg, Schweiz

Der SPD fehlt es an Mut

■ betr.: „SPD-Bilanz. Die Kurzstreckenläufer“, Debattenbeitrag von Stefan Reinecke, taz vom 5. 7. 14

Der SPD fehlt also gemäß Stefan Reinecke Mut für Themen, mit denen sie links punkten könnte:Wie bitte? Es fehlt ihr in erster Linie an Basiswissen in ökonomischen Fragen. Es kommt ihr nicht in den Sinn, dass das deutsche Modell der Wirtschaftspolitik die EU und die Eurozone zu zerstören droht.

Kennt Reinecke nicht die Stichworte Lohnstückkosten, Wettbewerbsposition, Leistungsbilanzüberschüsse und Ungleichgewichte und in der Folge Verschuldung, mit denen die Stabilität des Währungsraums immer weiter untergraben wird? Und folgt die SPD nicht der Analyse des Mainstream, dass die Ursache der Eurokrise in den angeblich zu hohen Staatsschulden zu suchen ist und dass deshalb die Politik der Deflation die Lösung ist? Hat sich die SPD-Spitze (die „sich künftig als Wirtschaftspartei gegen Merkel“ profilieren möchte) einmal die Finanzierungsrechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung angesehen, aus der hervorgeht: Die jährlichen Sparbeträge muss einer der anderen Sektoren aufnehmen, entweder die Unternehmen oder der Staat. Beide tun es nicht (und sind sogar stolz darauf, siehe die Berichte über Null-Neuverschuldung in den letzten Tagen), darum muss das Ausland aus dieser Misere helfen. Ein unhaltbarer Zustand, denn was geschähe, wenn die anderen Länder auf dieselbe Idee kämen?

Mit anderen Worten: Deutschland betreibt und forciert ein Modell auf Kosten der anderen. Die SPD, jedenfalls ihre Spitze, macht in den Hauptfragen der Wirtschaftspolitik diesen Fehler: Sie verwechselt Einzel- und Gesamtwirtschaft. Sie folgt tatsächlich dem Modell der schwäbischen Hausfrau (Staatsschulden sind schlecht, wie bei mir zu Hause ja auch). Was Ulrike Herrmann am 3. 7. in der taz über die meisten Firmenchefs geschrieben hat, gilt uneingeschränkt auch für die SPD Spitze. Es heißt dort: „Die meisten Firmenchefs begehen den Denkfehler, Betriebs- und Volkswirtschaft zu verwechseln. Nach dem Motto: Was für unser Unternehmen gut ist, ist gut für Deutschland. In dieser Logik sind Löhne nur Kosten, die möglichst zu drücken sind. Den Unternehmern entgeht, dass die Angestellten gleichzeitig ihre besten Kunden sind. Wenn die Löhne sinken, sinkt auch die Nachfrage. Man kann den Spruch gar nicht oft genug zitieren, der Henry Ford angedichtet wird: ‚Autos kaufen keine Autos‘.“

Das führt zum zentralen Stichwort: Lohnpolitik. Folgt die Lohnpolitik nicht der Goldenen Regel (Produktivität, EZB-Zielinflationsrate), dann führt das zwingend zur Absenkung der Lohnquote. Demnach geht es der deutschen Wirtschaft gut, wenn die Lohnquote sinkt. Dieser Position folgt auch die SPD. Sie denkt nicht daran, sich vom neoklassischen Arbeitsmarktmodell zu lösen. Sie bleibt bei der Position der Unternehmerseite. Kurzum: Der SPD fehlt es nicht an Mut. Darum geht es überhaupt nicht. Vielmehr hat sie kein Konzept, weder von den Ursachen der Eurokrise noch von ihrer Überwindung. Darum kann sie auch nicht „links punkten“, wie Reinecke schreibt.

ULRICH BANGE, Essen

Hauptproblem wird nicht erwähnt

■ betr.: „SPD-Bilanz. Die Kurzstreckenläufer“ von Stefan Reinecke, taz vom 5. 7. 14

Die in obigem taz-Artikel gestellte Frage „Ist Deutschland gerechter geworden?“ zeichnet kein graues Bild, wie der Autor meint, sondern ein eher schwarzes! In den aufgezählten Bereichen hat es in der Tat Verbesserungen gegeben. Aber das Hauptproblem wird noch nicht einmal erwähnt: Die skandalöse ungleiche Vermögensverteilung in der BRD und die sich stetig noch weiter öffnende Vermögensschere. Das Thema „Eine Gesellschaft für die Reichen“ ist stark tabuisiert. Die SPD traut sich nicht ran.

Wenigstens die taz sollte ihr soziales Gewissen viel stärker sprechen lassen und ausführlicher darüber berichten!

HARALD VIETH, Hamburg