: Das große Zeitungs-Monopoly
Die „Nordwest-Zeitung“ dominiert heute die Presselandschaft zwischen Oldenburg und der ostfriesischen Küste. Ob dabei alles mit rechten Dingen zugegangen ist, prüft das Bundeskartellamt
von DANIEL WIESE
Westlich von Bremen beginnt das Reich der Nordwest-Zeitung. „Über 70 Lokal-Redakteure und 35 Mediaberater bearbeiten unser Verbreitungsgebiet“, verkündet die Zeitung auf ihrer Homepage, „kein anderes Medium kann da mithalten“. Wie es scheint, hat sie sich diese Stellung allerdings mit unlauteren Mitteln verschafft.
Das zumindest vermutet das Bundeskartellamt, dessen Vertreter bereits im Juni den Verlag der Nordwest-Zeitung in Oldenburg besuchten. Ihre Ausbeute: mehr als 100 Aktenordner, die sie zur Auswertung nach Bonn mitnahmen. „Wir haben ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet“, sagt die Sprecherin des Kartellamts, Irene Sewczyk.
Die Wettbewerbshüter waren auf eine Reihe von Beteiligungen gestoßen, mit denen die Nordwest-Zeitung ihren Einfluss nach Ostfriesland ausgedehnt hatte. Dort sitzt in Leer die Ostfriesen-Zeitung, ein Zusammenschluss kleinerer Lokalzeitungen. Die Nordwest-Zeitung habe die Ostfriesen-Zeitung übernommen, ohne das Kartellamt zu informieren, sagt Sprecherin Sewczyk. Inzwischen hat das Amt eine Abmahnung ausgesprochen.
Offenbar sind die Nordwest-Verleger aus Oldenburg sehr kreativ vorgegangen, wie der Medienexperte Horst Röper berichtet. Der Geschäftsführer des Dortmunder Formatt-Instituts hat in der Frankfurter Rundschau über den Fall geschrieben und meint, dass die Nordwest-Zeitung ihre Beteiligung gesplittet hat, um die kritische Marge von 25 Prozent zu umgehen. Ab 25 Prozent nämlich treten Mitbestimmungsrechte in Kraft und das Kartellamt muss informiert werden. So kaufte sich der Mutterkonzern der Zeitung, die Nordwest-Medien, lediglich mit 15,6 Prozent bei der Ostfriesen-Zeitung ein. Weitere 20 Prozent hält die KB Vermögensgesellschaft. KB steht für Köser und Bothmer – die Eignerfamilien der Nordwest-Medien.
Etwas anders gelagert ist der Fall der ebenfalls in Ostfriesland beheimateten Emder Zeitung. Nach der hatte die Nordwest-Zeitung schon in den 90ern ihre Finger ausgestreckt, sich damals aber mit 24,9 Prozent begnügen müssen, berichtet Röper. Seinen Recherchen zufolge ist die Emder Zeitung inzwischen von der Presse Beteiligungs Gesellschaft (PBG) in Hamburg übernommen worden, an der wiederum die Nordwest-Medien mit mehr als 25 Prozent beteiligt sind. Weitere Eigentümer seien ein Bauunternehmen aus Gelsenkirchen und ein Lederwerk. „Wieso beteiligen die sich an einer ostfriesischen Zeitung“, fragt Medienexperte Röper – eine Frage, die sich vielleicht auch das Bundeskartellamt stellt, denn es ermittelt in diesem Fall ebenfalls. Möglich wäre ja, dass es sich um Scheinbeteiligungen handelt.
Ähnlich verhält es sich mit den Anzeigenblättern, die mitten im Hoheitsgebiet der Nordwest-Zeitung auftauchten, ohne dass eine Beteiligung nachweisbar wäre. Diese Blätter gehörten einem Anwalt, der einmal für die Nordwest-Medien tätig gewesen sei, sagt Röper. Beweisen lasse sich bisher aber nichts.
Auch an dieser Sache ist das Bundeskartellamt dran, ebenso an den weit verzweigten Beteiligungen der Nordwest-Medien an Rundfunk- und Fernsehsendern. In der Frankfurter Rundschau hat Röper geschrieben, bei den Bemühungen des Bundeskartellamts handele es sich „bundesweit um die umfangreichsten Entflechtungsmaßnahmen zumindest der vergangenen Jahrzehnte im Medienbereich“.