: Senat soll Berlin wohnlich machen
SPD-Rechte erhöhen den Druck auf Rot-Rot: Angesichts der Haushaltskrise sollen die landeseigenen Wohnungsgesellschaften Gewinn abwerfen. Mieten steigen ohnehin – durch Grund- und Mehrwertsteuererhöhung
SPD und Linkspartei geraten unter Druck, die landeseigenen Wohnungsunternehmen profitabel zu machen. Konservative SPD-Parlamentarier, Grüne und Berliner Mieterverein kritisieren Rot-Rot für die Weigerung, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten. Anlass sind die anstehenden Mieterhöhungen bei fast 2.000 Landeswohnungen. Das Senatsargument, Wohnungen in Landeshand führten zu preiswerteren Mieten und sozialer Mischung, überzeugt die Kritiker immer weniger.
Rot-Rot steckt in einem Dilemma: Weil das Bundesverfassungsgericht Berlin Haushaltshilfen in Milliardenhöhe verweigert hat, suchen die Koalitionsverhandler verzweifelt nach neuen Einnahmequellen. Dazu gehört die Erhöhung von Grund- und Grunderwerbsteuer, die ab 2007 jährlich 220 Millionen zusätzlich in den Haushalt spülen soll. Die Steuererhöhung trifft zunächst Hauseigentümer. Sie können die Zusatzbelastung über die Betriebskosten auf ihre Mieter abwälzen. Der Berliner Mieterverein spricht von „untragbaren Mehrbelastungen“ für die Mieter. Die Mieterschützer rechnen vor, dass dadurch für eine 60-Quadratmeter-Wohnung Zusatzkosten von 28,80 Euro pro Jahr entstehen.
Richtig teuer wird es ab kommendem Jahr, weil zur Grundsteuer- die Mehrwertsteuererhöhung kommt. Die lässt ab 2007 zwar nicht die mehrwertsteuerbefreite Kaltmiete steigen, aber die Nebenkosten. Die landeseigene Wohnungsgesellschaft Gesobau will deshalb zum 1. Januar kommenden Jahres die Mieten für 1.860 Wohnungen im Märkischen Viertel in Reinickendorf um 18 Prozent anheben.
Einerseits propagiert Rot-Rot den preisdämpfenden Effekt landeseigener Wohnungen, andererseits sorgt Berlin selbst für höhere Mieten. „Damit konterkariert Rot-Rot die eigene Politik“, kritisiert der Grünen-Wohnungsbaupolitiker Andreas Otto. Die Grünen propagieren den Verkauf tausender Wohnungen im Ostteil und kleinere Ankäufe im Westen, um Geld zu sparen und die Bevölkerungsmischung gleichmäßiger zu beeinflussen.
Ein Gesamtkonzept ist überfällig. Im Koalitionsvertrag für die abgelaufene Legislaturperiode gelobten SPD und Linkspartei im Jahr 2001: „Eine Neuordnung der Wohnungswirtschaft ist zur wirtschaftlichen Gesundung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften dringend erforderlich.“ Deshalb drängt die eher konservative SPD-Gruppierung „Aufbruch Berlin“ den Senat zum Handeln. In einem Positionspapier stellt sie ein Ultimatum: Unternehmensverkäufe ließen sich nur vermeiden, „wenn die Gesellschaften bis Ende 2009 so aufgestellt sind, dass sie eine Dividende von 250 Millionen Euro jährlich erbringen. Gelingt das nicht, müssen weitere Gesellschaften verkauft werden.“ Eine harte Forderung: Im vergangenen Jahr erwirtschafteten Degewo, Gesobau, Gewobag und Howoge ein Plus. WBM sowie Stadt und Land machten Miese. Unterm Strich blieb ein Plus von 30,5 Millionen Euro. MATTHIAS LOHRE