: „Alle fünf Jahre“
Der viel beschworene Klimawandel ist nicht immer schuld an Unwettern, sagt FU-Wetterexperte Thomas Dümmel
taz: Herr Dümmel, wie kann es zu so einem schweren Unwetter wie am Donnerstag kommen?
Thomas Dümmel: In unseren Breitengraden wird das Wetter von einer Westwindlage bestimmt, die vom Atlantik kommt. Üblich ist, dass periodisch im Winter kalte Hochdrucklagen aus dem kontinentalen Osten diese Westwinde abhalten. Dazu ist es in diesem Winter aber noch nicht gekommen.
Wie hat sich „Kyrill“ gebildet?
„Kyrill“ ist als gewöhnliches Tiefdruckgebiet vor ein paar Tagen auf dem Atlantik vor der amerikanischen Ostküste entstanden und zunächst nach Norden gewandert. Dort hat sich ein für diese Jahreszeit typischer Wirbel gebildet. Dabei wird warme Luft aus dem Süden angesaugt und kalte Luft aus dem Norden zugemischt. Die warme Luft steigt auf und beginnt sich zu drehen. Daraus entsteht ein Sturm.
„Kyrill“ ist also ein üblicher Wintersturm?
Ja, bloß dass wir dieses Mal noch keinen richtigen Winter hatten.
Ist diese unübliche Wetterlage ein Vorzeichen des viel beschworenen Klimawandels?
Wir Meteorologen können nur eines sagen: Solche kräftigen Tiefs mit Windstärke 12 haben wir im Januar in Berlin etwa alle fünf bis zehn Jahre. Der letzte Sturm dieser Art war 2002. Insofern liegen wir momentan noch gut im Schnitt. Man kann also nicht sagen, dass der Orkan vom Donnerstag allein durch den Klimawandel verursacht wurde. Auch wenn die globale Erwärmung um zwei Zehntel geringer ausgefallen wäre, kann es in diesen Breitengraden solche Stürme geben.
Inwiefern ist Berlin besonders sturmgefährdet?
Auf dem platten Land sind Stürme viel heftiger als auf bebautem Gelände. Dennoch kann es in manchen Straßenzügen, in denen rechts und links hohe Häuser stehen, schon zu besonders starken Düseneffekten kommen. Aber das ist keine flächendeckende Gefahr. Was Umweltkatastrophen betrifft, liegt Berlin irre gut. Wir haben keine Probleme mit Hochwasser; die Stürme haben sich um ein, zwei Windstärken abgeschwächt, wenn sie bei uns ankommen. In dieser Hinsicht ist Berlin eine gute Hauptstadt.
Ihre Wetterprognose für die nächstenTage?
Die nächsten vier bis fünf Tage wird es mild bleiben. Ab Mitte oder Ende nächster Woche könnte der Winter aber vielleicht kommen. INTERVIEW: FELIX LEE