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Archiv-Artikel

Ein Roland Koch aus Brandenburg

In der Brandenburger CDU kämpfen zwei Kandidaten mit rauen Methoden um die Macht. Exgeneralsekretär Petke hat einen Spitzelskandal am Hals, gibt aber nicht auf

BERLIN taz ■ Eine Spitze kann sich Sven Petke nicht verkneifen. Im Stadthaus von Elsterwerda wird sein Konkurrent um den Vorsitz der Brandenburger CDU gefragt, wo denn die weibliche Besetzung seines Teams bleibe. Ulrich Junghanns ringt nach Worten. Petke, den mehrere CDU-Politikerinnen unterstützen, stichelt: „Tja Ulrich, du kannst ja noch mal nachlegen.“ Und grinst.

Angreifen und unschuldig lächeln, das ist Sven Petke. Auf diese Weise ist er ein ernsthafter Kandidat für das Amt des brandenburgischen CDU-Vorsitzenden geworden. Dabei war für ihn eigentlich alles schon vorbei. Im September vergangenen Jahres musste der 39-Jährige als Generalsekretär wegen der so genannten E-Mail-Affäre zurücktreten. Er soll die elektronische Post von Vorstandsmitgliedern abgefangen haben. Einen Tag nach seinem Rücktritt aber kündigte er an, für das Amt des brandenburgischen Landesvorsitzenden zu kandidieren.

Seither führt er einen Kampf gegen den Favoriten, den Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns. Noch-Landeschef Jörg Schönbohm hatte Junghanns als Nachfolger erkoren. Den 50-Jährigen unterstützen sowohl die anderen CDU-Minister im Kabinett der großen Koalition als auch die meisten Kreisverbände. Doch Petke attackiert unermüdlich. Ihn stützen dabei vor allem jüngere CDUler. „Sein Netzwerk geht über die traditionellen Grenzen der Verbände hinweg, darum sollte Petkes Macht nicht unterschätzt werden“, sagt der Potsdamer Parteienforscher Jürgen Dittberner. Außerdem sammeln sich bei Petke jene Unzufriedenen, die vom hartleibigen Schönbohm düpiert worden sind. Zusammen drängen sie den Favoriten Junghanns immer weiter in die Rolle des glücklosen Verteidigers.

So ließen die Anhänger Petkes unter Führung seiner Frau Katherina Reiche auf einer Sitzung des Landesvorstandes darüber abstimmen, wer als Kandidat für den Parteivorsitz vorgeschlagen werden sollte. Die meisten Junghanns-Leute waren nämlich zufälligerweise nicht da. Schönbohm versuchte die Abstimmung noch zu verhindern, scheiterte aber und der Vorstand stimmte für Petke ab. Sichtlich geschockt erklärte Junghanns daraufhin, die Verschwörer hätten sich „für die Übernahme politischer Verantwortung disqualifiziert“. Genutzt hat ihm das nichts, das Bild von Junghanns als Dauer-Defensivspieler war wieder einmal bestätigt.

Und Petke? Der erklärte die Abstimmung zum „Vertrauensbeweis“ und tat unschuldig, denn er war mit Junghanns unterwegs. Wie in Elsterwerda stellten sich beide in den vergangenen Wochen den Fragen der Parteiverbände im Land.

Dadurch wissen beide auch, dass die Parteibasis den offenen Machtkampf missbilligt. Weiter gerangelt wird dennoch. Im Internet-Lexikon Wikipedia tauchten in den vergangenen Tagen auffallend viele negative Einträge bei Junghanns-Anhängern auf. Dass Petke dafür verantwortlich war, wird ihm natürlich nie nachzuweisen sein.

Anders der plumpe Konter des Junghanns-Lagers. Die Bild-Zeitung schrieb, dass Petke vom Landtag Geld für ein Bürgerbüro erhalten habe, das er gar nicht mehr betreibe. Doch der konnte leicht nachweisen, nichts Illegales getan zu haben.

Petke hat sich seit der Mail-Affäre den Nimbus erarbeitet, der cleverere der beiden Kandidaten zu sein. An ihm perlen Skandale ab, er kämpft mit allen Mitteln. Ihm wird zugetraut, dass er sogar dem beliebten SPD-Ministerpräsidenten Matthias Platzeck Paroli bieten könnte. In der SPD fürchtet man Petke nur deshalb noch nicht wirklich, weil der wegen seiner Methoden als unsympathisch gilt – sowohl bei den WählerInnen als auch in der eigenen Partei. Vor allem jüngere Sozialdemokraten halten das allerdings für einen Fehler: Beliebt sein könne man lernen, sagen sie und führen das Beispiel des hessischen CDU-Raubeins Roland Koch an. Der habe sich auch rücksichtslos nach oben gekämpft, die Anerkennung sei erst danach gekommen.

Mit Koch vergleicht sich Petke im Übrigen selbst gern: In Hessen habe die CDU die SPD als stärkste Partei abgelöst – das sei auch in Brandenburg zu schaffen. Dass Sven Petke ganz nach oben will, ist also klar. Auf dem Landesparteitag am Sonnabend entscheidet sich, ob ihm das gelingt. Doch selbst wenn er dann nicht gewinnt – er wird weiter angreifen. DANIEL SCHULZ