: Bei Mohnhaupt geht es nicht um Gnade
Die CSU ist gegen die Freilassung von Exterroristen. Doch Brigitte Mohnhaupt hat schlicht einen Rechtsanspruch darauf
FREIBURG taz ■ Die CSU hat sich gestern gegen die Freilassung der ehemaligen RAF-Mitglieder Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar gestellt. „Für RAF-Terroristen, die keine Spur von Reue zeigen, darf es keine Bewährung oder Begnadigung geben“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Söder. „Das wäre ein Schlag ins Gesicht der Opfer und Angehörigen.“ Auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) will keine Amnestie, da der „brutale Terror der RAF“ Deutschland „an den Rand des Ausnahmezustands gebracht“ habe.
Zumindest im Entlassungsverfahren von Brigitte Mohnhaupt hat die CSU allerdings nichts mitzureden. Bis Anfang Februar will das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entscheiden, ob Mohnhaupts mehrfach lebenslängliche Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Gericht genießt dabei, wie auch sonst, richterliche Unabhängigkeit und unterliegt keinen Weisungen der Bundes- oder Landespolitik.
Wenn Mohnhaupt die Voraussetzungen des Strafgesetzbuches (Paragraf 57a) erfüllt, hat sie einen Anspruch darauf, dass sie auf Bewährung entlassen wird. Konkret muss ihre gerichtlich vorgegebene Mindesthaftzeit von 24 Jahren abgelaufen sein, was Ende März der Fall ist. Außerdem dürfen der Entlassung keine „Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit“ entgegenstehen. Nach einem Gutachten des Sachverständigen Norbert Leygraf und der Gefängnisleitung sind diese Anforderungen ebenfalls erfüllt. Ob Mohnhaupt ihre Taten bereut oder sich davon distanziert, spielt in diesem Verfahren keine Rolle, solange keine Rückfallgefahr besteht.
Die Strafaussetzung zur Bewährung ist kein Gnadenakt. Es geht auch nicht um eine „kleine Gnade“, wie manche Journalisten schreiben. „Mit Gnade hat das Verfahren von Frau Mohnhaupt nichts zu tun“, betont Oliver Mosthas, der Sprecher des OLG. Wenn Mohnhaupts Antrag abgelehnt würde (womit im Moment niemand rechnet), könnte sie eine Überprüfung durch den Bundesgerichtshof einfordern.
Das Gnadenverfahren, das Christian Klar betreibt, ist dagegen kein rechtsförmiges Verfahren. Der Bundespräsident muss den Gnadenantrag nicht bescheiden, Johannes Rau ließ Klars Gesuch einfach liegen. Es gibt für die Entscheidung auch keinerlei rechtliche Vorgaben. Köhler muss vielmehr eine politische, moralische und letztlich persönliche Entscheidung treffen. Er kann dabei auf die CSU hören oder nicht. Wenn er den Antrag ablehnt, gibt es keinerlei Rechtsmittel dagegen.
Christian Klar muss derzeit auf den Gnadenweg hoffen, weil seine Mindesthaftzeit erst Anfang 2009 ausläuft. Dann kann er wie Mohnhaupt regulär auf Bewährung entlassen werden. Da auch bei ihm keine Rückfallgefahr besteht, dürfte auch sein Antrag problemlos durchgehen. Eine vorzeitige Begnadigung würde seine Haftzeit also um maximal zwei Jahre verkürzen.
Die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kritisierte gestern, dass in der öffentlichen Diskussion die Verfahren von Mohnhaupt und Klar nicht deutlich getrennt werden.
CHRISTIAN RATH