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Archiv-Artikel

G-8-Gipfelhotel in akuten Geldnöten

Anfang Juni wollen die Staats- und Regierungschefs der acht führenden Industrienationen in Heiligendamm tagen. Jetzt wird bekannt: Das gastgebende Grandhotel kommt ins Schlingern – weil eine Großbank aus dem 15-Millionen-Euro-Kredit aussteigt

VON DANIEL SCHULZ

Der gehobene Kempinski-Service für George W. Bush, Angela Merkel und sechs weitere Staatsoberhäupter in Heiligendamm ist alles andere als gesichert. Die G-8-Staatschefs wollten in dem Edelhotel an der mecklenburgischen Küste unter anderem über den finanziellen Zustand der Welt beraten, jetzt stolpert ihr Gastgeber möglicherweise über den finanziellen Zustand seines Vorzeigehotels. Laut einem internen Papier, das der taz vorliegt, verliert der Hoteleigner Fundus-Gruppe einen millionenschweren Kredit.

Die HypoVereinsbank habe sich „nicht mehr bereit erklärt, den Kredit in Höhe von 15 Millionen Euro zu verlängern“, heißt es in dem Schreiben. Es ging an die Anteilseigner der Kommanditgesellschaft, der das Luxushotel in dem Ostsee-Badeort gehört. Die Gesellschaft ist die Rechtsform für einen Immobilienfonds, der von der Fundus-Gruppe im nordrhein-westfälischen Düren aufgelegt wird. Fundus hat weite Teile des historischen Seebads Heiligendamm nach der Wende aufgekauft.

Die Fundus-Gruppe bestätigte der taz gestern den Rückzieher der HypoVereinsbank. „Ja, es findet eine Umfinanzierung statt“, sagte Fundus-Sprecher Johannes Beermann. Nach Ansicht von Fundus sei der G-8-Gipfel dadurch aber nicht gefährdet. „Er ist definitiv nicht betroffen“, beteuerte Beermann.

In dem Brandbrief an die Gesellschafter kündigt die Geschäftsführung den Ausfall des Hypo-Geldes an. Außerdem bittet sie die Investoren um frisches Geld, mit dem sie das Finanzloch stopfen kann. Entsprechende Darlehensverträge lagen dem Bittbrief bei. Hinter Fundus steht der Investor August Anno Jagdfeld, zugleich Geschäftsführer der Kommanditgesellschaft. Mit dem Kreditausfall wäre das Gipfelhotel gefährdet. Der Namensgeber Kempinski stellt in Heiligendamm nur das Know-how für das Management des Hotels.

Das Geld soll möglichst schnell fließen. Bis zum 15. Februar wünscht sich Geschäftsführer Jagdfeld die Verträge mit möglichst properen Beträgen zurück: „Wir wollen die Fondssicherung im ersten Quartal 2007 vor dem G-8-Gipfel abgeschlossen haben.“ Die Eile hat einen guten Grund. Immerhin will die Bundesregierung in dem Grandhotel vom 6. bis 8. Juni die mächtigsten Staats- und Regierungschefs der Welt einquartieren.

Die HypoVereinsbank droht laut dem Brief an, ihren Kreditanteil an „eine ausländische Finanzierungsgesellschaft (sogenannte Heuschrecke) zu veräußern“. Ein Kommentar der Bank zu dem Thema war gestern nicht zu erhalten. Der Grund für den finanziellen Rückzug des Geldinstituts könnte sein, dass das Hotel derzeit nicht sonderlich gut läuft. Aus unterschiedlichen Gründen sei es „dem Grandhotel Heiligendamm bis heute nicht gelungen, Überschüsse zu erwirtschaften“, schreibt Jagdfeld. Als Ursachen führt er die „Vogelgrippe“ an und dass „Tagestouristen“ durch die Hotelanlagen spazieren würden. Dabei ist das Areal rund um das Hotel auf Betreiben von Fundus schon weitgehend für Normalbürger gesperrt. Für den Gipfel wird sogar ein Sicherheitszaun weiträumig um die Hotelanlage gezogen.

Das Schreiben an die Gesellschafter ist in dringlichem Ton gehalten. Es heißt darin, „jeder ist gefordert“. Den Erhalt des Hotels sieht Fundus-Sprecher Beermann auch nach dem Gipfel nicht in Gefahr. Die 15 Millionen Euro der HypoVereinsbank machten gerade einmal 10 Prozent des Kapitals der Kommanditgesellschaft aus. Der größere Teil des Guthabens der Grandhotel-Eigentümer setzt sich aus 127 Millionen Euro der Anteilseigner und 50 Millionen Euro Investitionszuschuss zusammen. Um das Hypo-Geld zu ersetzen, müssten freilich alle Gesellschafter ihr Kapital um 15 Prozent aufstocken. Einige von ihnen sollen bereits schon jetzt nicht mehr zahlen können – oder wollen. „Ich werde jedenfalls wohl keinen Darlehensvertrag abschicken“, sagte einer der Gesellschafter der taz. „Ich glaube, meine Prioritäten haben sich verschoben.“

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