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ISRAELS PRÄSIDENT MISSBRAUCHT SEIN AMT, UM DER JUSTIZ ZU ENTRINNENKatzav gegen alle

So unglaublich die Vorwürfe gegen Israels Staatspräsidenten erscheinen – fast noch unglaublicher ist Moshe Katzavs Entscheidung, nicht von seinem Amt zurückzutreten. Denn nur, wenn er sein Amt als Israels Präsident aufgibt, kann ihm der Prozess gemacht werden – was wiederum der einzige Weg wäre, seine behauptete Unschuld zu beweisen. Katzav, dem sexueller Missbrauch untergebener Mitarbeiterinnen und sogar Vergewaltigung vorgeworfen wird, missbraucht somit sein Amt, um den Rechtsweg zu verbauen.

Seit sechs Monaten werfen die Vorwürfe gegen den „Bürger Nummer eins“, wie er in der israelischen Presse gern genannt wird, tiefe Schatten auf den Ruf des jüdischen Staats. Sollten sich die Aussagen der Klägerinnen als wahr herausstellen, dann wäre das ohne Zweifel ein Armutszeugnis – nicht nur für den Präsidenten, sondern auch für sein gesamtes Umfeld, Journalisten inbegriffen. Dann nämlich wurde das Treiben eines mächtigen Serienvergewaltigers bewusst und über Jahre hinweg unter den Teppich gekehrt.

Doch egal, ob der Prozess gegen Katzav noch vor dem Ende der offiziellen Amtszeit des Präsidenten eröffnet wird oder erst danach – er wirft auch ein positives Licht auf den israelischen Rechtsstaat. Es war die Stimme einer einfachen Sekretärin, die bei der Staatsanwaltschaft Gehör fand und nun den Präsidenten ins Straucheln gebracht hat. Schon vor Prozessbeginn ist das ein Erfolg für die künftigen Klägerinnen, die sich gegen die teuren Rechtsanwälte und Medienberater, die der Präsident schleunigst anheuerte, durchsetzen konnten.

Sie haben einen hohen Preis bezahlt. Neben endlosen und peinlichen Verhören der Polizei waren sie einer Schmutzkampagne ausgesetzt, die aus der Präsidentenloge lanciert wurde; sie wurden der Prostitution und versuchter Erpressung beschuldigt. Katzav selbst nutzte seine Rede ans Volk, um den Ruf der Frauen, die den Mut hatten, den Gang an die Öffentlichkeit zu wagen, erneut zu beschmutzen. Eine solche Gelegenheit darf ihm nie wieder geboten werden. Zurück bleibt deshalb ein bitterer Nachgeschmack. SUSANNE KNAUL

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