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Archiv-Artikel

Experten sehen G-8-Hotel in Gefahr

Das Grandhotel in Heiligendamm ist sicher, sagen die Investoren. Doch Finanzfachleute widersprechen: „Eindeutig ein großes Problem“ für die Luxusherberge an der Ostsee

Wirtschaftsprüfer hält „im schlimmsten Fall sogar Zwangsversteigerung“ für möglich

BERLIN taz ■ Die Regierungen sind noch völlig unbesorgt. „Der G-8-Gipfel ist nicht in Gefahr“, sagt ein Sprecher in Berlin. „Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen“, heißt es aus der Staatskanzlei von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin zu den finanziellen Turbulenzen beim Grandhotel Heiligendamm. Fondsexperten bescheinigen dagegen der Edelherberge an der Ostsee, in der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Sommer die wichtigsten Regierungschefs der Welt empfangen soll, ernsthafte Schwierigkeiten.

„Dass die HypoVereinsbank den kompletten Kredit für den Hotelfonds nicht verlängern will, zeigt eindeutig, dass es ein großes Problem gibt“, sagt Stefan Loipfinger, Herausgeber des Fachnachrichtendienstes fondstelegramm. Offenbar falle es den Investoren schwer, eigenes Kapital einzuwerben. Ähnlich sieht das auch Cornelius M. Henning von der Wirtschaftsprüfungs AG WAPAG in München. Wenn es nicht gelinge, die Deckungslücke durch Eigen- oder Fremdkapital zu schließen, könne die das Hotel betreibende Kommanditgesellschaft in eine existenzielle Krise geraten.

Die Fundus-Gruppe dagegen weist derartige Äußerungen strikt zurück. „Die ersten Zusagen für zusätzliches Geld der Anleger haben wir bereits“, sagt Johannes Beermann, Sprecher der Gruppe, „es besteht keinerlei Gefahr für das Hotel, denn der Bankenkredit macht nur zehn Prozent unseres Gesamtkapitals aus.“ Beermann behauptet außerdem, die Anteilseigner des Fonds hätten selbst beschlossen, sich vom Geld der HypoVereinsbank unabhängig zu machen.

Das Grandhotel im Ostseebad Heiligendamm gehört den Anlegern eines Immobilienfonds, den die Fundus-Gruppe aus dem nordrhein-westfälischen Düren aufgelegt hat. Die Rechtsform des Fonds ist eine Kommanditgesellschaft, deren Geschäftsführer wiederum der Fundus-Chef Anno August Jagdfeld ist. Er hatte in einem Brief an die Mitglieder der Kommanditgesellschaft um frisches Geld gebeten, weil die HypoVereinsbank einen 15-Millionen-Kredit nicht verlängern will (taz vom 25. 1. 2007). In dem Hotel sollen eigentlich die Gäste des G-8-Gipfeltreffens der mächtigsten Staats- und Regierungschefs vom 6. bis 8. Juni dieses Jahres untergebracht werden.

Doch der Rückzug der Bank könnte das Luxushotel in Schwierigkeiten bringen. Jagdfeld selbst hatte in einem Schreiben an die Anleger davor gewarnt, ausländische Finanzinvestoren, „sogenannte Heuschrecken“, würden sich des Hotels bemächtigen. Der Münchner Wirtschaftsprüfer Henning schließt „im schlimmsten Fall sogar eine Zwangsversteigerung der üblicherweise der Bank als Sicherheit gegebenen Immobilie oder ein Insolvenzverfahren“ nicht aus.

Auch wenn der Extremfall nicht eintritt – das finanzielle Fundament des G-8-Hotels ist wacklig. Weil es keinen Gewinn erwirtschaftet, scheuen potenzielle Anleger davor zurück, dort Geld hineinzustecken. Außerdem wird der Ruf von Jagdfelds Immobilieninvestitionen zu einem Problem für Fundus. „Vor zehn Jahren wäre es für Herrn Jagdfeld kein Problem gewesen, die ausgefallenen 15 Millionen Euro in seinem Fonds zu platzieren“, sagt Fondsexperte Loipfinger. Aber inzwischen seien die Anleger gegenüber Fundus sehr vorsichtig geworden. „Es gibt ja nicht nur in Heiligendamm massive Probleme, Investoren zu interessieren“, begründet Loipfinger die Zurückhaltung, „sondern auch bei anderen Geldanlagen in Deutschland.“

Tatsächlich berichteten namhafte Wirtschaftsmedien in den vergangenen Jahren immer wieder über finanzielle Schwierigkeiten, die Fundus bei Engagements in Leipzig und Berlin, aber auch in Heiligendamm hatte. Eine ehemalige Mitarbeiterin sagte gegenüber der taz: „Schon 2003, als wir noch in Köln saßen, waren die finanziellen Schwierigkeiten des Grandhotels bei uns ein Dauerthema, und als Fundus später nach Düren zog, ging das weiter.“

Alles Vergangenheit, sagt Fundus-Sprecher Beerman. Diese Probleme seien der Schwäche des Marktes geschuldet gewesen und inzwischen überwunden: „Heute schütten wir wieder Gewinne aus, wie man am Beispiel des Hotels Adlon in Berlin sehen kann.“ Zu vielen seiner Fonds veröffentlicht Fundus seit einigen Jahren dennoch keine Zahlen mehr. DANIEL SCHULZ