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Archiv-Artikel

berliner szenen Mein Zahnarzt und ich

Ohne Rechnung

Nach zwei Wochen Zahnschmerzen kam ich sozusagen auf dem Zahnfleisch bei meinem Zahnarzt angekrochen. Bitte einfach nur noch aufbohren, irgendwas machen, weg mit dem Schmerz! Mein Zahnarzt gab mir zwei Spritzen und sagte: „Jetzt sind sie so betäubt, dass wir den Zahn eigentlich auch ziehen könnten.“ Mit einem tauben Gefühl im Mund und eigentlich mehr über die Frage der Zahnarzthelferin – „Brauchen wir einen Kofferdamm? – nachdenkend, versuchte ich zu lächeln.

„Wir fangen jetzt mit der Wurzelbehandlung an“, sagte mein Zahnarzt und war dann auch schon bald fertig. Der zweite Teil der Behandlung könne in etwa einer Woche gemacht werden, und dass ich etwas dazuzahlen müsse, wisse ich ja sicherlich auch. Aber als die Empfangsschwester dann sagte, ich müsse 300 Euro bezahlen, war ich schon etwas erstaunt. „Wegen der Gesundheitsreform“, sagt sie, worauf ich entgegnete: „Aber die ist doch erst gestern beschlossen worden.“ Und sie dann: „Ja, das wird alles noch viel schlimmer.“

„Aber“, und jetzt wurde die Zahnarztgehilfin etwas leiser, „ohne Rechnung müssten Sie nur 150 Euro zahlen. 50 für jede Wurzel“. „So schwarz, meinen Sie?“, nuschelte ich, und sie nickte und ich dann auch. Später habe ich trotzdem meine Krankenversicherung angerufen, man muss sich ja mal erkundigen, warum man überhaupt versichert ist, wenn nicht mal die Wurzelbehandlung übernommen wird. Doch bevor ich mich aufregen konnte, erklärte mir die Dame, sie würden die Behandlung sehr wohl übernehmen, der Arzt müsse nur einen Antrag stellen. Mein Zahnarzt und ich hatten eigentlich eine ganz gute Beziehung, aber jetzt glaube ich, er macht sich gewisse Dinge zu einfach.

LAURA EWERT