Alle wollen Ronaldo sein

NACHWUCHS Die Fußballschule des Real Madrid tourt auf der Suche nach Talenten durch Deutschland

Das ist ein Casting, das sich „RsddS“ nennen ließe – „Real sucht das deutsche Supertalent“

Es ist nichts Überhebliches in der Art, wie Ronaldo den Ball führt. Der Gegenspieler, auf dessen weißem Trikot ebenfalls der Name „Ronaldo“ steht, wird düpiert. Ein satter Schuss und der Keeper, noch ein „Ronaldo“, hat keine Chance. Ronaldo wollen auf der Sportanlage des SV Nettelnburg-Allermöhe im Südosten Hamburgs fast alle sein. Wenige Meter abseits des Kunstrasenplatzes, auf dem 73 Kinder spielen, parkt ein Auto mit der Aufschrift „Real Madrid Foundation Clinics Germany“. Real Madrid gibt sich mit seiner Fußballschule die Ehre.

Bis Ende Oktober finden die insgesamt 61 Camps in vielen deutschen Städten statt. Verantwortlich ist der Hamburger Stefan Kofahl, langjähriger Trainer des fünftklassigen Oststeinbeker SV. Er hat Real Madrid sein Konzept von der Fußballschule vorgestellt und daraus wurde ein Deal. Kofahl erhielt den Auftrag, im Namen des Klubs die Camps in Deutschland aufzubauen.

Der Name „Real Madrid“ hat hier eine enorme Zugkraft. Manchmal kommen bis zu 90 Kinder, deren Eltern 199 Euro dafür bezahlen, dass ihre Kinder fünf Tage von Jugendtrainern lernen dürfen. Das Paket umfasst zehn Trainingseinheiten, sportgerechte Mahlzeiten, einen Ball und eine Trinkflasche jeweils mit Real-Emblem und das Fußballschule-Trikotset von Real Madrid. „Ich habe mich seit einem Monat darauf gefreut, vor allem auf das Trikot“, sagt der neunjährige Benjamin Le. Intensiv sei das Training. „Es wird mehr gelaufen als bei meinem Verein SV Billstedt-Horn. Mein Ziel ist es, ein großer Fußballer zu werden.“

Die Camps sind ein einziges großes Casting, das sich „RsddS“ nennen ließe – „Real sucht das deutsche Supertalent“. Vier bis fünf Kinder erreichen die nächste Runde der Talentsichtung. Die besten sechs spielen in Madrid vor. Der Nutzen für Real Madrid liegt darin, vielleicht ein Talent zu entdecken. Zudem partizipiert die Stiftung des Vereins, die soziale Projekte unterstützt, an den Teilnahmegebühren.

Kofahl weist die Vermutung zurück, dass es für ihn äußerst lukrativ sein müsste. Immerhin bringen allein die 73 Kinder auf der Anlage des SV Nettelnburg-Allermöhe bei Teilnahmegebühren von 199 Euro eine Bruttoeinnahme von 14.527 Euro. Davon müsse aber vieles abgezogen werden, sagt Kofahl. Da sei die Bezahlung für die Trainer, die Verpflegung und die Ausstattung, die von Real Madrid zu Preisen bezogen würden, die unter dem regulären Ladenpreis lägen. „Ich werde nicht reich dabei“, sagt Kofahl. „Mir geht es darum, dass Kindern Werte vermittelt werden, gegenseitiger Respekt, Fairness.“ Ihm hat das Projekt einen beachtlichen Aufstieg verschafft – vom Trainer in Oststeinbek zum Mitarbeiter beim Weltklub Real Madrid.  GÖR