Neue Hinweise auf Gefahren durch Mobilfunk

Skandinavische Forscher tragen ein Mosaiksteinchen zur Erkenntnis bei, wie schädlich telefonieren per Handy ist

BERLIN taz ■ Wissenschaftler haben es schwer, wenn sie zu Themen forschen, die so umstritten sind wie die Risiken von Handystrahlung. Die Öffentlichkeit will keine Hinweise oder Verdachtsmomente, sie will Eindeutigkeit – die die Wissenschaft per se gar nicht liefern kann. So titelte die Süddeutsche Zeitung gestern: „Handys können Krebs auslösen“. Die Deutsche Presseagentur ging auf Gegenkurs und meldete: „Große Studie findet keinen Beweis für Krebs durch Handys.“ Beide berufen sich auf eine bereits vor zwei Wochen im International Journal of Cancer online veröffentlichte Studie. Darin hatte Anna Lahkola von der finnischen Strahlenschutzkommission mit ihrem Team die Wahrscheinlichkeit untersucht, mit der Mobilfunknutzer in Finnland, Schweden, Dänemark, Norwegen und Großbritannien an einem Gliom, einem Hirntumor, erkranken. Einziges statistisch signifikantes Ergebnis: Nach zehn Jahren Handynutzung war das Gliomrisiko auf der Seite des Kopfes, an die die Probanden ihr Gerät hielten, um 39 Prozent erhöht.

Die Forscher hatten über einen Zeitraum von viereinhalb Jahren insgesamt 1.522 Hirntumorpatienten zu ihrem Telefonierverhalten befragt und mit dem einer Kontrollgruppe von 3.301 Gesunden verglichen. Dabei untersuchten sie, ob es einen Zusammenhang zwischen der Entstehung des Krebses und dem generellen Gebrauch von Handys sowie der Häufigkeit und Dauer der Gespräche gab. Dafür fanden sie jedoch keinen belastbaren Beleg.

Für die Forschung ist allerdings schon der Hinweis viel, dass sich das Risiko deutlich ändert, wenn das Handy über viele Jahre genutzt wird. Schließlich brauchen auch Tumore Zeit, um sich zu entwickeln. „Obwohl die Ergebnisse nicht besagen, dass die Nutzung von Handys das Risiko von Krebs erhöht, brauchen wir mehr Daten über den Langzeitgebrauch“, sagt Mitautor Anssi Auvinen denn auch.

Die können ohnehin nicht schaden. Denn obwohl die Fünf-Länder-Studie schon mit einer sehr hohen statistischen Genauigkeiten arbeitet, lässt sie auch eine ganze Reihe Fragen offen, die nur mit ergänzenden Untersuchungen beantwortet werden können. So mussten die Forscher darauf vertrauen, dass sich die Probanden an ihr Telefonverhalten erinnern. Und potenzielle weitere Gliomauslöser wie etwa Schnurlostelefone oder die Nähe zu einem Mobilfunksendemast wurden vernachlässigt.

BEATE WILLMS