Die Ruhe vor dem Zug

STREIK Die S-Bahn fuhr – aber an den Fernbahnhöfen stauten sich Reisewillige

Und wieder sind sie gekommen: Wie schon bei der ersten Lokführerstreikwelle stehen am Freitagvormittag Dutzende Reisende am Bahnhof Südkreuz, obwohl die Zugausfälle am Abend vorher angekündigt wurden. „Ich dachte, vielleicht fährt meiner ja doch“, sagt eine ältere Frau aus Grünau, die in Richtung München aufbrechen wollte. Sie wartet seit kurz nach acht, der ICE nach München soll fast vier Stunden später den Bahnhof verlassen. „Ärgerlich, na klar. Aber was soll man machen?“

Ähnlich wie diese Wartende haben die meisten Gestrandeten am zweiten Streiktag der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) reagiert: Sie resignierten. Berufspendler waren nicht betroffen, da die S-Bahn, anders als am vergangenen Dienstag, vom Streik ausgenommen wurde. Am Südkreuz saßen vor allem Reisende in Richtung Bayern fest. Der Ausstand dauerte drei Stunden, bis 11.30 Uhr, so hatte es die Gewerkschaft auch angekündigt. Laut GDL fielen bundesweit mehr als 80 Prozent der Züge aus oder waren verspätet. Die Folgen waren bis in den Nachmittag hinein zu spüren, mit Zugausfällen und Verspätungen. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn (DB) bezeichnete den Streik wegen der Wochenendreisewelle als „sehr schmerzlich“.

„Wir werden schon noch ankommen“, wiegelt Woody Haake ab. Er sitzt mit seinem Sohn in einem Schnellrestaurant am Südkreuz und spielt Karten. Beide warten auf den ICE nach München, sie wollen in den Skiurlaub aufbrechen. „Heute wären wir ohnehin nicht mehr auf die Piste gekommen.“ Haake nutzt die Zeit zudem, um sich über die Hintergründe des Streiks zu informieren. Er könne das nun gut nachvollziehen, sagt er.

Die GDL will die Bahn-Konkurrenz zu einem Flächentarifvertrag bewegen, der den Lokführern DB-Niveau sichert. Von der Bahn will sie vor allem mehr Geld. Die Gewerkschaft hat angekündigt, notfalls erneut zu streiken – dann könnte auch die S-Bahn wieder betroffen sein, droht GDL-Bezirksleiter Frank Nachtigall. KRISTINA PEZZEI