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Archiv-Artikel

Terrorist oder nicht – Hauptsache raus

Asylrecht in Niedersachsen: Weil die Behörden den kurdischen Bauunternehmer Z.M. nicht wegen PKK-Nähe abschieben konnten, sollte abgeschoben werden, weil er keine Kontakte zur kurdischen Bewegung hat

Kann man ihn nicht wegen PKK-Nähe abschieben, wird er eben abgeschoben, weil er keine Kontakte zur PKK-Szene hat

aus Bremen CHRISTIAN JAKOB

Im Geschäftsleben kennt Z.M. kaum Misserfolge. Der Bauunternehmer mit zehn Angestellten verputzt in ganz Europa so viele Neubauten, dass er seit Jahren der größte ausländische Steuerzahler des Landkreises Osterholz-Scharmbeck ist. Solch wirtschaftlicher Erfolg ist selten bei einem anerkannten Asylbewerber – und dennoch muss M. sich seit Jahren gegen Behörden-Schikanen wehren.

Nun kam heraus, dass das Asyl-Bundesamt erst versuchte, M. wegen „Terrorismus-Nähe“ als „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ hinzustellen – und womöglich abzuschieben. Dies misslang mangels entsprechender Fakten. Doch ein Aktenvermerk beweist: Bereits vorher hatte ein „Referat für besondere Aufgaben“ der Asylbehörde für diesen Fall vorgesorgt. Sollte sich der Verdacht der „Terror-Nähe“ nicht erhärten, so heißt es sinngemäß in einer internen Notiz, müsse ein Widerrufsverfahren wegen Entfall der Asyl-Vorraussetzungen eingeleitet werden. Auf gut deutsch: Kann man ihn nicht wegen PKK-Nähe abschieben, wird er eben abgeschoben, weil er keine Kontakte zur kurdischen Bewegung hat – und entsprechend bei einer Rückkehr in die Türkei nicht gefährdet wäre.

Doch das Amt scheiterte. Am vergangenen Montag kam es zur Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Stade. Die Richter untersagten der Nürnberger Behörde, M. seinen Asylstatus – und den damit verbundenen Flüchtlingspass des Staatenlosen – zu entziehen. Die Richter sahen für den Fall der Rückkehr in die Türkei nach wie vor eine Gefährdung für M., der sich bereits während seiner Schulzeit im kurdischen Bingöl Ärger wegen türkeikritischer Äußerungen eingehandelt hatte.

M. hatte vor Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Doch die Ausländerbehörde Osterholz lehnte dies ab. Und so klagte Z.M. sich durch alle Instanzen. Im Dezember entschied ein Gericht endgültig: M. darf nicht Deutscher werden, denn der Verfassungsschutz verdächtigte ihn der Nähe zur PKK – ohne je Beweise für diesen Vorwurf vorgelegt zu haben.M. bestreitet jeden Kontakt zu der kurdischen Separatisten-Organisation.

Am Ende wurde er dabei sogar vom Asyl-Bundesamt selber unterstützt. Dies schrieb an die Ausländerbehörde Osterholz, die zuständig war für M.s Einbürgerungswunsch, der Verdacht der PKK-Nähe sei entkräftet. Dies war die Basis, für den späteren Versuch, M.s Asyl zu widerrufen. Doch die Osterholzer Ausländerbehörde blieb dabei: Für sie war M. ein Terror-Sympathisant – und als solcher dürfe er kein Deutscher werden. So musste sich M. so mit zwei exakt gegenteiligen Vorwürfen deutscher Behörden auseinandersetzen (taz berichtete).

Und M.s Ärger mit den deutschen Behörden setzte sich fort. Vor zwei Wochen kam es zu einem tätlichen Übergriff von Polizisten auf M.. „Ich stand an einem Sonntagabend vor dem Haus eines Freundes in Bremen-Gröpelingen, als zwei Polizisten aus einem Streifenwagen ausstiegen. Einer sagte ‚Ich werde dir jetzt Benehmen beibringen‘ und auf mich zurannte.“ Als M. nach dem Grund fragte, habe der Polizist geantwortet, M. sei „als gefährliche Person“ bekannt und werde nun „einer Sonderüberprüfung“ unterzogen. Als M. ihm seinen Pass hinhielt, habe der Polizist ihn gewürgt und mehrfach ins Gesicht geschlagen. Dann seien drei weitere Streifenwagen hinzugekommen und hätten von den umstehenden Bekannten M.s Personalien aufgenommen und diese eingeschüchtert. Dann hätten die Polizisten sich zurückgezogen. Später stellte sich heraus, dass der Vorfal sich zwar mehrere Kilometer von M.s Firma entfernt ereignete, die Wache auf der die Polizisten Dienst taten, aber unmittelbar neben seinem Bauunternehmen liegt. Ein Dutzend Zeugen, Bekannte M.s, bestätigen seine Version.

Die Polizei sagt, M. habe bei einer Kontrolle wild gestikuliert, weswegen die Polizisten „Widerstandshandlungen befürchtet“ hätten. Als sie darauf hin „einfache körperliche Gewalt anwendeten“, habe er sich gewehrt. Weil dabei ein Polizist verletzt worden sei, sei ein Strafantrag gegen M. gestellt worden. Ob die Streife M. gezielt oder zufällig überprüfte, konnte ein Polizeisprecher nicht sagen.