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"Wer hat die Gewalt?"

■ ... Polizei, Justiz oder Medien? / Eine Journalistentagung

Der Hamburger Presserechtsanwalt Helmuth Jipp hat sich für Film- und Rundfunkaufnahmen im Gerichtssaal – sofern der Angeklagte einwilligt – ausgesprochen. Der Ausschluß von Übertragzungsmedien verstoße gegen das Presse- und Rundfunkrecht, so Jipp am Sonnabend auf dem 1. Norddeutschen JournalistInnentag in Hamburg. Die Tagung stand unter dem Motto: „Polizei, Justiz, Medien – Wer hat die Gewalt?“

Ein Abgleiten in amerikanische Verhältnisse sieht Jipp nicht. Daß viele US-Verfahren zu Schauprozessen verkommen, liege am System, nicht am Fernsehen. Durch Medienkontrolle würden statt dessen in Deutschland Verfahren fairer ablaufen.

Jipp beklagt überdies, daß Redaktionen immer häufiger „zum Objekt von Strafverfolgungsmaßnahmen“ und durch Razzien und Beschlagnahmungen zur „Zwangskooperation“ mit Polizei und Anklagebehörde genötigt werden. Jipp: „Die Vertraulickeit zwischen Informanten und Journalisten muß garantiert bleiben.“

Bekanntlich dürfen Strafverfolgungsorgane nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts sogenanntes „selbstrecherchiertes Material“ beschlagnahmen. Nur von Informanten zugepielte Unterlagen und Angaben unterliegen einem „strikten Beschlagnahmeverbot.“ Oft sei eine „Trennungsline zwischen Informantenschutz und selbstrecherchierten Material gar nicht zu ziehen“, so Jipp: „Beim Amtsgericht wird ein Durchsuchungsbeschluß beantragt, ohne daß der Richter die Angaben überprüfen kann.“

Nach Auffassung des Hamburger Pressestaatsanwalts Rüdiger Bagger könne nur eine grundlegende Klarstellung in der Gesetzgebung Abhilfe schaffen. So gebe es in Bayern ein Landesmediengesetz, das ausdrücklich das Redaktionsgeheimnis schützt. Im Klartext: Im Freistaat dürfen keine selbst angefertigten Demo-Fotos beschlagnahmt werden.

Polizeisprecher Werner Jantosch bestritt auf der Veranstaltung, daß es ein „medienfeindliches Klima“ in der Hamburger Polizei gebe. Übergriffe wie auf den Reporter Oliver Neß seien „die Ausnahme“. Jantosch stellte klar, daß PolizistInnen im Einsatz „kein Recht aufs eigene Bild“ hätten, da sie „Personen der relativen Zeitgeschichte“ seien. Jantosch: „Das Abnehmen von Filmen ist rechtswidrig.“ Polizisten, die Pressefotografen die Hand vor die Linse hielten, so Jantosch, „machen sich strafbar.“

Um „medienfeindliche Ängste“ junger PolizistInnen zu zerstreuen, würden eigens Schulungen durchgeführt. Da allerdings an der Polizeischule Alsterdorf derzeit fast ausschließlich Polizeioffiziere unterrichten, sei zu überlegen, ob in „Teilbereichen“ wie Staatsbürgerkunde oder Presserecht künftig FremddozentInnen eingesetzt werden sollten. Kai von Appen

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