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Grüne Punkte nach Nord-Korea

■ Von wegen Recycling: Abfall-Export sollte gestern im Hafen beginnen / Frachter mit 5000 Tonnen Plastikmüll gestoppt Von Heike Haarhoff

Aus Hamburg in die „Dritte Welt“: Deutscher Plastik-Müll bleibt ein beliebtes Exportgut. Mit 5 000 Tonnen Kunststoff-Abfall an Bord sollte der Frachter „Boris Zhemchuzhin“ heute morgen den Forstprodukten-Terminal der Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft (HHLA) im Dradenauhafen verlassen. Ziel der unter weißrussischer Flagge schippernden „Riesen-gelben-Tonne“: Die kommunistische Volksrepublik Nord-Korea, gegen die bei sonstigen Warenlieferungen ein Handels-Boykott verhängt wird.

„Das ist nur der Anfang“, erzählten Hafenarbeiter gestern beim Aufladen der riesigen Plastik-Ballen freizügig, wie der Hamburger Hafen künftig zum größten Müll-Umschlagsplatz der Republik werden soll: „Alle vier Wochen soll ein Schiff nach Asien gehen“, hat ein Arbeiter gehört, weil „die den Müll günstiger recyclen können als wir.“

Diesem lukrativen Exportschlager hat die Umweltbehörde vorerst einen Riegel vorgeschoben. „Wir werden morgen vor Ort sein und verhindern, daß das Schiff den Hafen verläßt“, demonstrierte Behörden-Sprecher Kai Fabig gestern, von der taz über die Sachlage informiert, Entschlossenheit. Der Grund: Bei dem Frachtgut handelt es sich zwar um „Abfälle der grünen Liste“, die von den meisten Ländern als „ungefährlich“ eingestuft werden und demnach ökologisch skandalös ganz legal bis ans andere Ende der Welt reisen dürfen, um dort angeblich wiederverwertet zu werden. Auch hat die nordkoreanische Regierung verlauten lassen, ganz scharf zu sein auf den bundesweit gesammelten Dreck. Der TÜV Rheinland versichert, daß die Folien, Verpackungen und Plastiktüten tatsächlich wiederverwertet werden (reine „Müll-Beseitigung“ ist verboten). Da Nord-Korea jedoch keinen Müllvertrag der internationalen Gremien unterzeichnet hat, müssen laut Abfallverbringungsgesetz alle Bundesländer, die sich an dem 5 000-Tonnen-Haufen beteiligt haben, Einverständniserklärungen für die Ausfuhr erteilen. Und die liegen der Hamburger Umweltbehörde nicht vor.

Der Export-Termin wird sich nun zumindest verzögern. Grund zur Freude ist das nicht: Denn die 1993 von der Umweltbehörde gestartete Bundesratsinitiative, den Müll-Export in Länder der „Dritten Welt“ gänzlich zu untersagen, ist bisher nicht in nationales Recht umgesetzt worden. „Es ist kein Geheimnis, daß Verpackungen des 'Grünen Punkts' weiterhin nach Indien, China und Pakistan verschickt werden“, klagt Green-peace-Mitarbeiter Ingo Bokermann. Meistens werde nur geprüft, ob die Verwertungskapazitäten existierten, nicht aber die Arbeitsbedingungen oder ökologischen Aspekte der Recycling-Verfahren kritisch begutachtet. „Und wir brüsten uns dann mit Wiederverwertung“, kritisiert GALierin Antje Möller.

Auch die Beteuerungen der für die Verwertung des Plastik-Mülls verantwortlichen Kölner „Deutschen Gesellschaft für Kunststoff-Recycling“, zunehmend Verpackungen im Inland wiederzuverwerten, verlieren angesichts der Zahlen an Glaubwürdigkeit: Von 530 000 Tonnen Kunststoff soll auch 1995 knapp ein Fünftel (94 000 Tonnen) das Ausland kennenlernen. Kein Wunder: In Deutschland fehlen immer noch Recycling-Anlagen für den Plastik-Müll, der Export ist günstiger.

Kein Hindernis für Rainer Feßler, Gruppenleiter Duales System bei der Hamburger Firma SKP, noch im Juni gegenüber der taz damit zu behaupten, die in Hamburg gesammelten Kunststoffe würden zu 100 Prozent im Inland verwertet.

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