: Billigöl für Frau Normal
■ Das Leben in Deutschland wurde im letzten Jahr um 1,7 Prozent teurer
Berlin (taz) — Energie wird immer billiger. Alles Gerede über die Erziehungsfunktion von Steuern ändert nichts daran, daß die Preise für Gas, Strom und Heizöl derzeit 1,1 Prozent niedriger liegen als ein Jahr zuvor. Die anderen Dinge hingegen, die Herr Durchschnitt und Frau Normal in den Warenkorb des statistischen Bundesamtes legen, belasten ihre Portemonnaies stärker als früher. Das geht aus den Tabellen über den gesamtdeutschen Preisindex hervor, die das Wiesbadener Bundesamt gestern veröffentlichte.
Am größten ist der Preissprung bei den Mieten: In Westdeutschland kassierten die VermieterInnen 3,8 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. In Ostdeutschland mußte der Durchschnittshaushalt im August 1995 gar 9,4 Prozent mehr für die eigenen vier Wände aufbringen als noch im August 1994. Auch die Preise für Kinokarten, Volkshochschulkurse, Haarschampoo und Brausetabletten zogen in den neuen Bundesländern um rund drei Prozent an, während die Anbieter in Westdeutschland lediglich etwas mehr als ein Prozent draufschlugen. Alles in allem müssen die EinwohnerInnen Deutschlands 1,7 Prozent mehr ausgeben, um die gleiche Menge Waren nach Hause zu schleppen.
Alle fünf Jahre packt das statistsische Bundesamt den Warenkorb der idealen Durchschnittsfamilie neu. Die etwa 750 Posten stellen einen Querschnitt durchs deutsche Warenangebot dar und dienen dazu, die Inflationsrate in verschiedenen Bereichen festzustellen. Während international das Jahr 1990 als Basisjahr gilt, wurde hierzulande wegen der deutschen Einigung 1991 als Vergleichsjahr gewählt. Die Statistiker gehen dabei mit der Zeit: Statt hellem Mischbrot kaufen die 2,3köpfigen Durchschnittshaushalte jetzt Körnerbrot und alkoholfreies Bier, während Unkrautvernichter statistisch im Regal liegen bleibt.
Die Daten zeigen außerdem, wieviel der Durchschnittshaushalt für welchen Posten ausgibt. Auch hier spiegeln sich die billigen Energiepreise: Wurden 1985 noch 7,3 Prozent des Geldes aus der westdeutschen Haushaltskasse für Strom, Gas und Öl bezahlt, so waren es sechs Jahre später nur noch 5,3 Prozent. Über ein Fünftel des Einkommens geht nach wie vor für Nahrungsmittel, Getränke und Tabak drauf, und fast 20 Prozent kassiert der Vermieter. Annette Jensen
Siehe Kommentar Seite 10
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